zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Die Lage ist schlimm, die Stimmung mies

Beispiellose Querelen an der Spitze der Dresdner Bank / Vorstandssprecher Sarrazin legt Zahlen vorVON ROLF OBERTREIS FRANKFURT (MAIN).Wenigstens die Zahlen scheinen noch zu stimmen.

Beispiellose Querelen an der Spitze der Dresdner Bank / Vorstandssprecher Sarrazin legt Zahlen vorVON ROLF OBERTREIS

FRANKFURT (MAIN).Wenigstens die Zahlen scheinen noch zu stimmen.Dem Vernehmen nach jedenfalls wird Vorstandssprecher Jürgen Sarrazin am Donnerstag in Frankfurt eine gute Zwischenbilanz für die Geschäfte der Dresdner Bank in den ersten neun Monaten präsentieren.Über das Negative und die beispiellosen Querelen an der Spitze der zweitgrößten deutschen Bank wird er schweigen.Ein paar Stockwerke höher aber wird genau dies bei der Betriebsversammlung der Zentrale der Dresdner Bank an diesem Tag im Mittelpunkt stehen.Viele der weltweit 45 000 Mitarbeiter fühlen sich durch die Krise im Vorstand verunsichert, andere sind stinksauer.Was sich seit Wochen in der Vorstandsetage abspielt, ist für deutsche Großbanken beispiellos.Der ehemalige Vorstandssprecher sorgt als Chef des Aufsichtsrates dafür, daß der amtierende Vorstandssprecher seinen Hut nehmen muß, allerdings erst im Mai nächsten Jahres.Dann geht der Aufsichtsratschef selbst, weil ihm die Steuerfahnder auf der Spur sind.Und schließlich muß ein Vorstandsmitglied mit dem Namen Adenauer abdanken, weil es sich schon vor einem Jahr gegenüber den Behörden der Steuerhinterziehung beschuldigt hat und 400 000 DM nachzahlen muß. Die Lage ist mittlerweile so schlimm und die Stimmung so mies, daß sich selbst gestandene Direktoren nicht scheuen, über die Herren an der Spitze herzuziehen.Dabei war im Juni noch eitel Sonnenschein, als die Bank mit großem Pomp in Schloß Pillnitz bei Dresden das 125jährige Bestehen feierte.Heute ist Vorstandssprecher Sarrazin bei vielen unten durch.Was sich im übrigen mit der Auffassung einiger Herren im Vorstand und der Meinung des ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Röller decken soll.Weil der sich auch nach seinem Ausscheiden als Vorstandssprecher im Frühjahr 1993 als Kopf der Bank betrachtete, sorgte er dafür, daß Sarrazin abdanken muß und Bernhard Walter im Mai 1998 auf dem Chefsessel Platz nimmt.Immer lauter wird der Ruf, daß Sarrazin möglichst schnell abdanken soll.In einem Brief an die Mitarbeiter warnt er vor "teilweise tendenziösen und herabsetzenden" Medienberichten.Sie sollten sich nicht verunsichern lassen."Unsere Bank ist auf richtigem Kurs." Davon kann keine Rede sein.Die Führungskrise kann sich schnell negativ auf das Geschäft auswirken.Nach außen hin muß sich die Bank ganz anders verkaufen.Sarrazin war und ist zwar Vorstandssprecher der Bank, vom Reden und von öffentlichen Erläuterungen hat er aber nie viel gehalten.Sarrazins Öffentlichkeitsarbeiter dürfen nichts sagen, und wenn sie doch ein Wort zu viel äußern, droht ein Rüffel.Der designierte Vorstandssprecher kann derzeit wenig machen.Vielleicht hat Bernhard Walter gute Ideen oder weiß, wie das Kompetenzgerangel im Vorstand beseitigt werden könnte.Und wie die Zukunft zusammen mit dem Großaktionär Allianz sinnvoll gestaltet werden kann.Aber solange Sarrazin an seinem Sessel klebt, sind dem neuen Mann die Hände gebunden.ROLF

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false