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Wirtschaft: Die Lehrstellenlücke wächst

32500 Jugendliche haben kein Angebot / Ein-Euro-Stellen senken Arbeitslosigkeit im Oktober

Berlin - Trotz des Ausbildungspaktes zwischen Regierung und Wirtschaft standen im Oktober mehr Jugendliche ohne Ausbildung da als im September. Rechnerisch wuchs die Lehrstellenlücke von 31200 auf 32400 Plätze, wie Regierung, Wirtschaft und Bundesagentur für Arbeit (BA) am Mittwoch erklärten. Derweil ging die Arbeitslosigkeit gegenüber September leicht zurück, bereinigt um Saisoneinflüsse stieg sie sogar. Einer neuen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zufolge finden Ostdeutsche eher einen Job, wenn sie sich in Vereinen oder Parteien engagieren.

Die Wirtschaft hatte sich gegenüber der Regierung verpflichtet, in diesem Jahr 30000 neue Lehrstellen anzubieten und 25000 Praktika für schwer vermittelbare junge Menschen zu schaffen. Im Gegenzug hatte die Koalition auf Strafen für Betriebe verzichtet, die zu wenig ausbilden. Zwar habe sich die Zahl der noch unvermittelten Bewerber im Oktober um 9200 auf 35400 verringert, erklärten die Ausbildungspakt-Partner. Es seien aber 10000 Bewerber neu hinzugekommen. Damit gab es 45400 suchende Jugendliche bei zugleich 12900 offenen Lehrstellen.

Der Pakt wird nach Einschätzung von BA-Vizechef Heinrich Alt dennoch sein Ziel erreichen. In Nürnberg sagte er, jeder Jugendliche werde bis Jahresende ein Angebot bekommen. Bis Ende Oktober seien bei den Kammern von Industrie, Handel und Handwerk bereits 2,8 Prozent mehr Lehrverträge abgeschlossen worden als im Vorjahr, hieß es. In den kommenden Monaten erwartet er deutliche Verbesserungen der Lage.

Insgesamt ist die Arbeitslosigkeit im Oktober erneut leicht angestiegen. Saisonbereinigt waren 12000 Menschen zusätzlich ohne Beschäftigung, jetzt sind es 4,457 Millionen. Unbereinigt entspannte sich die Lage – die Arbeitsagenturen zählten 50100 Jobsuchende weniger als noch im September. Verantwortlich für die leichte Entspannung ist laut BA das verstärkte Angebot so genannter Ein-EuroJobs. Bundesweit seien im Oktober 46200 Arbeitslose in diese neuen Tätigkeiten vermittelt worden. Obendrein hatte die BA zu Jahresbeginn ihre Statistik umgestellt: Nun gelten Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen nicht mehr als arbeitslos. Das waren im abgelaufenen Monat 186500 Leute – rechnet man sie hinzu, ergibt sich die höchste Oktober-Arbeitslosigkeit seit der Vereinigung.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise sprach dennoch von „erfreulichen Tendenzen“ in einigen schwierigen Branchen wie dem Bau. Zudem nimmt die Erwerbstätigkeit zu – im August gab es dem Statistischen Bundesamt zufolge ein Plus von 64000 auf 38,49 Millionen Menschen. Dafür sei aber die Zunahme bei Mini-Jobs und Ich-AGs verantwortlich, bemängelte BA-Vize Alt. Jobs mit Beitragspflicht zu den Sozialkassen nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 335000 ab.

Eine neue Studie des Forschungsinstituts DIW in Berlin zeigt unterdessen, dass arbeitslose Ostdeutsche schneller wieder eine Stelle finden, wenn sie sozial engagiert sind. „Wer ehrenamtlich etwa einmal pro Woche in einer Partei oder in einem Verein tätig ist, hat eine um 45 Prozent höhere Chance auf dem Arbeitsmarkt“, sagte Autor Arne Uhlendorff. Für seine Studie hat er auf Bürger-Befragungen im Rahmen des so genannten Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) zwischen 1994 und 1999 zurückgegriffen. In Ostdeutschland ist die Arbeitsmarktlage deutlich schwieriger als im Westen. Wer sich aber engagiere, werde früher über freie Arbeitsplätze in seinem Umfeld informiert und finde entsprechend schneller eine neue Stelle. Deshalb könne man Ostdeutschen auf der Suche nach einem Job nur raten, regelmäßig an Vereins- oder Parteiveranstaltungen teilzunehmen, sagte Uhlendorff. Für die westlichen Bundesländer gelte dieser Zusammenhang indes nicht. Erfolg auf dem Arbeitsmarkt hätten dort eher Menschen, die von ihren Fähigkeiten überzeugt und entsprechend selbstbewusst seien.

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