zum Hauptinhalt
Das wertvollste Unternehmen der Welt ist weiterhin iPhone-Hersteller Apple. Dagegen kommen nur 27 von 176 digitalen Plattformen weltweit aus Europa.

© dpa

Die Macht von Google, Facebook & Co: Den Anschluss verloren

Google, Apple, Facebook, Amazon: Warum die amerikanischen Digital-Plattformen Europas Wirtschaft längst abgehängt haben und was die EU dagegen tun will.

Ihr Aufstieg ist atemberaubend: Unter den zehn wertvollsten Unternehmen der Welt finden sich die Superstars der Internet-Ökonomie auf den ersten sechs Plätzen. Apple, Google, Microsoft und Amazon sind am teuersten, auf Platz sechs folgt Facebook. Google, Facebook und Amazon haben im Juli Rekordergebnisse bei Umsatz und Gewinn verkündet. Und Apple ist trotz kräftigen Umsatzrückgangs immer noch das wertvollste Unternehmen der Welt. Ökonomen bringen für das Internet-Phänomen die Chiffre GAFA (Google, Apple, Facebook, Amazon) ins Gespräch. Diese schnell wachsenden, hoch innovativen und extrem profitablen Internetgiganten haben etwas gemeinsam: Sie gehören zu den digitalen Plattformen, die man sich als große Drehscheiben des Internets vorstellen muss und die viele zentrale Knotenpunkte weltweit kontrollieren.

44 Unternehmen sitzen allein im Silicon Valley

Laut einer Studie, die die Denkfabrik Internet Economy Foundation zusammen mit der Unternehmensberatung Roland Berger am Montag im Rahmen des von Tagesspiegel und „Handelsblatt“ veranstalteten Digital Business Forums in Berlin vorstellen wird, ist Europa vom wirtschaftlichen Erfolg der Plattform-Wirtschaft weitgehend abgehängt. Nur 27 von 176 digitalen Plattformen weltweit haben demnach ihre Heimat auf dem alten Kontinent. 82 sind in Asien angesiedelt. Allein 44 Spieler der weltweiten Plattformwirtschaft sitzen in der Bay Area im US-Staat Kalifornien. Wenn man sich den Börsenwert der Unternehmen anschaut, wird noch deutlicher, wie die Dinge stehen: 50 Prozent des Börsenwertes der weltweiten Plattform-Wirtschaft sind im Silicon Valley angesiedelt. Europa ist weitgehend zum Absatzmarkt der Internetgiganten mutiert: Beim Herunterladen von Apps liegt Europa vor den USA, aber hinter China.

Immer mehr klagen über die Monopole

Ökonomen sind sich einig, dass die Plattform-Wirtschaft riesige wirtschaftliche Chancen birgt. So werden die im Vergleich zu Europa höheren Wachstumsraten der US-Wirtschaft auch mit der sich dynamisch entwickelnden Internetwirtschaft in Amerika erklärt. Deutschlands Wirtschaftsleistung legte zwischen 1995 und 2015 jedes Jahr um durchschnittlich 1,3 Prozent zu, der Vergleichswert der USA liegt bei 2,4 Prozent. Auch der Verbraucher profitiert, weil die Preise für viele Produkte, die im Netz bestellt werden, fallen. Der finanzielle Vorteil für die 500 Millionen Verbraucher in der EU wird auf eine Milliarde Euro im Jahr geschätzt. Youtube und Facebook etwa verursachen weltweit inzwischen ein Drittel des Datenverkehrs. Microsoft und Amazon betreiben rund um den Globus bereits über eine Million Server. Social Media-Kanäle wie Facebook erreichen 29 Prozent der Weltbevölkerung. Kein großes Unternehmen der „Old Economy“ kann es sich mehr leisten, auf Social Media als Vertriebskanal zu verzichten. Doch es gibt auch immer mehr Klagen darüber, dass Google und Co ihre marktbeherrschende Stellung ausnutzen.

Die EU versucht sich zu wehren

Die oberste Wettbewerbshüterin der EU, Margrethe Vestager, wirft Google vor, sich Konkurrenz mit unlauteren Methoden vom Hals zu schaffen. Der Konzern Alphabet/Google etwa hat über die Suchmaschine und das Smartphone-Betriebssystem Android in zwei wichtigen Marktbereichen eine monopolartige Stellung. Google wird vorgeworfen, dass bei jedem Android-Handy viele Google-Apps bereits fest vorinstalliert sind. Der Käufer hat also kaum Wahlfreiheit, wenn er erst mühsam über mehrere Programmierungsschritte die Google-Apps abschalten muss, bevor die Konkurrenz zum Zuge kommen kann. Auch Apple steht in der Kritik. Und zwar wegen seiner Vergütungsmodelle im App-Store: Apple kassiert dort 30 Prozent Provision bei jedem Verkauf. Gleichzeitig verbietet das Unternehmen allen Entwicklern einer App, die Kunden auf alternative, also billigere Vertriebswege hinzuweisen.

Die Deutschen wollen das Wettbewerbsrecht ändern

EU und nationale Regierungen sehen den Handlungsbedarf und bereiten derzeit schärfere Gesetze vor. So will etwa die EU-Kommission bis Herbst nächsten Jahres Gesetzesvorschläge für die Plattformwirtschaft vorlegen. „Es geht um die Aus- und Umgestaltung unserer sozioökonomischen Ordnung im digitalen Zeitalter“, heißt es in der Studie, die der in Berlin lebende US-Internet-Experte Clark Parsons mitverfasst hat. Die 92 Seiten umfassende Untersuchung mahnt den Gesetzgeber, maßvoll vorzugehen. Die EU dürfe nicht abgehängt werden, Überregulierung schade. Die EU-Kommission setzt auch große Hoffnungen auf die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes. Dadurch soll zusätzlich ein Anteil von 415 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt der EU geschaffen werden.

Es ist kein Wunder, dass Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook ihre Wurzeln in den USA haben. Dort legt man einfach los, hat einen riesigen Markt und rollt von dort die Welt auf. In Deutschland hat man hauptsächlich Angst.

schreibt NutzerIn pergula

Die Studie fordert aber auch ein härteres Vorgehen gegen Monopole. Die Autoren bemängeln, dass es eine Schutzlücke bei der Fusionskontrolle gibt. Bevor die Kartellwächter überhaupt prüfen, müssen nämlich bestimmte Umsatzschwellen auf beiden Seiten überschritten werden. „Erfolgreich gegründete und schnell wachsende Internetdienste weisen üblicherweise nur geringe Umsätze, aber wertvolle Datenbestände auf, die durch Marktführer bislang ohne behördliche Kontrolle aufgekauft werden dürfen.“ Das müsse geändert werden. Der deutsche Gesetzgeber will das tun. Bei der geplanten Reform des Wettbewerbsrechts soll daher nicht nur der Umsatz, sondern auch der Kaufpreis eine Rolle spielen.

Auch bei den Geschäftspraktiken müsse es gesetzliche Klarstellungen geben, fordert die Studie. Bei Suchdiensten wie Google sei dafür zu sorgen, dass sie die Verbraucher nicht bewusst täuschen dürfen oder gar, weil sie dafür bezahlt werden, ihnen „irrelevante Vorschläge“ machen. Zudem bringt die Studie ein Verbot für Vorinstallationen ins Gespräch. So sei es bedenklich, wenn bei mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets bestimmte Apps vorinstalliert seien. Nutzer würden dadurch bevormundet, sie entschieden sich dann nicht aus Überzeugung für bestimmte Produkte, sondern aus Bequemlichkeit.

Zur Startseite