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Wirtschaft: Die Macht von Olaf Henkel bröckelt

Rätselraten über die Zukunft des Chefs des Bundesverbandes der Deutschen IndustrieVON TOM WEINGÄRTNER BONN.Am heutigen Donnerstag müssen die Politiker wieder damit rechnen, daß ihnen Hans-Olaf Henkel, der Chef des mächtigsten deutschen Wirtschaftsverbandes, wieder die Leviten liest.

Rätselraten über die Zukunft des Chefs des Bundesverbandes der Deutschen IndustrieVON TOM WEINGÄRTNER BONN.Am heutigen Donnerstag müssen die Politiker wieder damit rechnen, daß ihnen Hans-Olaf Henkel, der Chef des mächtigsten deutschen Wirtschaftsverbandes, wieder die Leviten liest.Da will Henkel sagen, was er von den Öko-Steuer-Plänen der Bonner Parteien hält.In der Sache braucht man sich nicht auf eine Überraschung gefaßt machen.Der BDI lehnt höhere Energiesteuern ab.Schon vor zwei Wochen hat Henkel den Parteien vorgeworfen, sie erlägen einem "Denkfehler", wenn sie sich von der Umschichtung der Steuerbelastung zulasten der Energie mehr Arbeitsplätze versprächen. In der Form ist es BDI-Präsidenten zuzutrauen, daß sein Urteil dieses Mal noch vernichtender ausfällt.Henkel, 1992 zum "Ökomanager des Jahres" gekürt, liebt klare Worte, und genau das nehmen ihm viele Manager übel.Besonders in den Großkonzernen, wo der Konsens mit den Gewerkschaften gepflegt und das Wohlwollen der Politik gesucht wird, wachsen die Zweifel, ob Henkels Konfrontationskurs gegenüber der Politik der richtige Weg ist, die Interessen der Industrie zu vertreten.Erst am Wochenende haben sich Spitzenvertreter von zwei wichtigen Mitgliedsverbänden gegen eine neue Kandidatur Henkels ausgesprochen.In seinem Verband, sagt Klaus Schmidt, Hauptgeschäftsführer von Gesamttextil, gebe es Vorbehalte gegen eine dritte Amtszeit des BDI-Chefs. Seine schroffe, polarisierende Art hat auch die Politiker aller Parteien gegen den BDI aufgebracht.Bei den Mittelständlern der Industrie hat er allerdings auch seine Anhänger.Wer dem Abgabendruck des Wohlfahrtsstaates nicht so leicht ausweichen kann wie die Großkonzerne, schätzt seine klaren Worte.Körbeweise, sagt Henkel selbst, bekomme er Briefe, die ihn in seinem Kreuzzug gegen die Bonner Sozial- und Steuerpolitik unterstützten.Gegenüber der Koalition hat der BDI-Chef allerdings in jüngster Zeit leisere Töne angeschlagen.Der SPD hat Henkel Gespräche über die Wirtschaftspolitik einer von ihr geführten Regierung angeboten, allerdings läßt er keinen Zweifel daran aufkommen, daß er den von Oskar Lafontaine vorgegebenen Kurs prinzipiell für falsch hält.Mit Nachsicht seitens der Industrie könnte eine rot-grüne Koalition unter Henkel jedenfalls noch weniger rechnen als Christ- und Freie Demokraten. Nicht zuletzt diese Perspektive hat wohl manche Manager aufgeschreckt, die sich auch mit den Sozialdemokraten nicht anlegen wollen.Aus der Deckung ist bislang aber nur die zweite Garnitur gekommen.Namen für Henkels Nachfolge werden nicht genannt.Die nicht eben neue Idee, Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt auch an die Spitze des BDI zu stellen, ist von diesem selbst schon zurückgewiesen worden. Henkel selbst will sich zu seiner eigenen Nachfolge bislang nicht äußern.Er wisse zwar schon "was ich ab Januar 1999 mache", wolle seine Entscheidung aber erst im Sommer bekanntgeben.Viele rechnen deshalb damit, daß er nicht noch einmal kandidieren wird.Erklären müßte er sich spätestens im Juli.Dann will das BDI-Präsidium darüber entscheiden, wen es der Mitgliederversammlung im November vorschlägt.Gewählt ist Henkel bis zum Ende dieses Jahres. Die Anforderungen an einen Nachfolger sind hoch gesteckt.Die Basis bevorzugt einen gestandenen Unternehmer, der ihre Sorgen versteht.Die Großindustrie ist darüberhinaus an einem spannungsfreien Verhältnis zur Politik interessiert.Die stärksten Batallione bei der Wahl des BDI-Chefs stellen allerdings die Mittelständler.Denn die Stimmen sind nach der Größe der Belegschaften gewichtet, die in den Mitgliedsverbänden organisiert sind.Henkels Vorgänger, BDI-Vizepräsident Tyll Necker, will sich bislang noch nicht darum gekümmert haben, wer danach an der Spitze des industriellen Dachverbandes stehen könnte.Necker, der selbst zwei mal Präsident war, gilt als Königsmacher unter den BDI-Vizepräsidenten.

TOM WEINGÄRTNER

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