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Wirtschaft: Die Märkte in den Schwellenländern kommen in Schwung

Die Tigerstaaten zeigen wieder Krallen: Während die Aktienmärkte in den Industrieländern derzeit drastisch an Wert verlieren, sind die Schwellenländer Asiens und Osteuropas vorgeprescht. Korea, Taiwan und Russland heißen die Lieblingskinder der Investoren.

Die Tigerstaaten zeigen wieder Krallen: Während die Aktienmärkte in den Industrieländern derzeit drastisch an Wert verlieren, sind die Schwellenländer Asiens und Osteuropas vorgeprescht. Korea, Taiwan und Russland heißen die Lieblingskinder der Investoren. Der koreanische KOSPI-Index ist seit dem Herbsttief 2001 um 58 Prozent explodiert, der taiwanische "Weighted" gar um 71 Prozent und der russische RTS um 40 Prozent. Das sei aber nur der Anfang, sagen viele Emerging Markets-Experten siehe Lexikon und ignorieren alle Warnungen, die Krise an der wall Street und den europäischen Börsen könnte auch auf die Emerging Markets übergreifen.

Das Investmenthaus Credit Suisse First Boston wagt sogar die Prognose, die Schwellenländer könnten vor dem besten Jahr in ihrer Geschichte stehen. "Emerging Markets sollte man kaufen, wenn die globalen Wirtschaftsaussichten die Talsohle durchschreiten", bestätigt Griffin Capital Management, das den besten Osteuropa-Fonds der letzten drei Jahre managt. Also jetzt kaufen? "Ein klares Ja", sagt Ralph Luther, Emerging Markets-Experte bei der Berenberg-Bank. Die Gründe seien handfest: Als verlängerte Werkbänke der Industriestaaten lieferten vor allem die asiatischen Tiger die "Rohstoffe" für den Aufschwung im Westen: Aus Korea etwa kommt mehr als die Hälfte der weltweit benötigten Speicherchips.

Angelockt hätten die Anleger zudem die veränderten politischen Rahmenbedingungen, sagt Hans Hölzl, der bei Union Investment mehrere Emerging-Markets-Fonds managt, darunter den UniEM Fernost, der im vergangenen Jahr ein Plus von 17 Prozent schaffte. In Taiwan sei ein Unternehmer Vizepremier, auch in Thailand habe der letzte Regierungswechsel mit Thaksin Shinawatra einen Wirtschaftsmann an die Spitze gebracht. Und mit Präsidentin Megawati Sukarnoputri habe sich Indonesien endgültig aus der von Diktator Suharto verursachten Starre befreit. Seither würden Bankensysteme bereinigt, Staatsfirmen reihenweise privatisiert und "langsam Verhältnisse geschaffen, die unseren Vorstellungen von Marktwirtschaft entsprechen", sagt Hölzl.

Dass die Wette auf die Emerging Markets an den Börsen schon seit mehreren Monaten gespielt wird, stört Hölz nicht. Die Bewertungen der meisten Aktien seien, gemessen an den hohen Gewinnmargen, immer noch "extrem niedrig". Die koreanische Samsung beispielsweise, weltgrößter Hersteller von Speicherchips, hat ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund zehn und wird an der Börse nur mit dem zweieinhalbfachen Buchwert bezahlt. Im Vergleich zur US-Konkurrenz sei das immer noch sehr billig, auch wenn Samsung binnen vier Monaten um 135 Prozent gestiegen sei, ist sich Hölzl sicher.

In den meisten Emerging-Market-Portfolios finden sich neben Samsung auch die Korea Telecom, an der sich jüngst Microsoft-Gründer Bill Gates mit 500 Millionen Dollar beteiligt hat. Kaum ein Schwellenländer-Experte verzichtet auch auf die Kookmin Bank, Koreas größtes Finanzinstitut. Kookmin steht unter Kennern für aktionärsfreundliche Politik bei gleichzeitig hohem Gewinnwachstum und niedriger Bewertung.

Taiwan sei dagegen für Kleinanleger sehr gefährlich, warnt Union-Experte Hölzl: "Es ist ein Riesen-Zocker-Markt. Ähnliches gelte für China, dessen Wirtschaft 2002 um mindestens sieben Prozent wachsen soll. Nach einer Verdoppelung im letzten Jahr, so meinen die meisten Fondsmanager warte man vor größeren Engagements erst einmal ab. Wie die meisten Fondsmanager bleibt auch Union-Experte Hölzl vorerst aber in Korea und Taiwan übergewichtet.

Für "sehr interessant" hält er jedoch auch Thailand und Indonesien, mit einem durchschnittlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von fünf. Die Privatisierungen dort seien auf einem guten Weg, die Schuldentilgung ebenfalls. Besonders gut gefällt Hölzl die Telekom Indonesia, Quasi-Monopolist in dem Riesenland. Stark im Kommen sei auch Thailand, das Land, das mit dem Straucheln seiner Währung Baht 1997 die Krise der Tigerstaaten ausgelöst hatte. Ähnlich wie in Indonesien sei hier die Marktkapitalisierung der Börse im Vergleich zum Bruttosozialprodukt des Landes sehr niedrig. Berenberg-Experte Luther dagegen hält vor allem Indoensien und die Philippinen noch für "zu gefährlich".

Seiner Einschätzung nach ist Russland der "zweitbeste Schwellenländer-Markt nach den Tigerstaaten". 20 bis 25 Prozent kann der Börsenindex RTS seiner Meinung nach in diesem Jahr noch zulegen. Nach Russland blicken immer mehr Investoren vor allem dank der "Putinomics". Unter Präsident Putin durchlaufe das Land "einen Transformationsprozess, wie er vor zwei Jahren noch unvorstellbar war", schreibt auch Griffin Capital Management in einer Analyse. Mehr Markt, mehr Transparenz, mehr Öffnung sind die Schlagworte. Wie in Asien seien die Bewertungen trotz der satten Zuwächse der letzten Monate extrem niedrig.

Allerdings: "Der Turbo wirkt in beide Richtungen", räumt Union-Manger Hölzl ein. Politische Turbulenzen, ein verspäteter Aufschwung, die ausufernde Schattenwirtschaft, ein Mangel an Rechtssicherheit und die allgegenwärtige Korruption könnten Kursgewinne blitzschnell wieder zunichte machen, warnt der Manager ausdrücklich. Zudem sollte sich der Anleger bewußt sein, dass Währungsrisiken bestehen, die Zuwächse auffressen könnten, warnt Luther. Allerdings sicherten viele Fonds diese Risiken ab. Nicht absicher könne die Fonds jedoch einen weltweiten Kursrückgang.

Veronika Czisi

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