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Wirtschaft: Die Modedesignerin räumt den Chefsessel. Unklar sind die Nachfolge und die Ausrichtung des Konzerns

Jil Sander nimmt Abschied von der Modewelt. Die Hamburger Designerin, die mit ihrem puristischen, hochwertigen Kollektionen international jahrzehntelang für Furore sorgte, räumt zum Monatsende den Vorstandsvorsitz der Jil Sander AG.

Jil Sander nimmt Abschied von der Modewelt. Die Hamburger Designerin, die mit ihrem puristischen, hochwertigen Kollektionen international jahrzehntelang für Furore sorgte, räumt zum Monatsende den Vorstandsvorsitz der Jil Sander AG. Sie werde nur noch die aktuelle Kollektion betreuen. "Frau Sander steht nur noch für die Herbst-/Winterkollektion 2001 zur Verfügung", erklärte eine Sprecherin des Hamburger Unternehmens. Ihr Aktienpaket von 25 Prozent werde die Firmengründerin hingegen nicht abgeben. Erst Anfang September vergangenen Jahres hatte Jil Sander 75 Prozent ihrer Stammaktien und 15 Prozent der stimmrechtslosen Vorzugsaktien an die Prada Holding B.V. verkauft.

Unklar ist, wer die "Queen of Less" (US-Modemagazin "Vanity Fair") ersetzen soll. Aus unternehmensinternen Kreisen heißt es, dass aus dem Team von Jil Sander ein neuer Design-Vorstand aufgebaut werden soll. Anderslautenden Spekulationen zufolge will der italienische Großaktionär Prada einen externen Mode-Guru bei der börsennotierten Jil Sander AG etablieren. Er soll die Kollektionen im Stile der Vorstandschefin fortführen. Die gelernte Textilingenieurin gilt als Wegbereiterin des "Casual Chic" - einer eleganten wie lässigen Mode, die Frauen erlaubt, sich in jeder Situation mit größmöglicher Freiheit und Ästhetik zu bewegen. Dass sich Jil Sander aus dem Unternehmen zurückzieht, wird auf erhebliche Dissonanzen zwischen ihr und dem Prada-Chef Patrizio Bertelli zurückgeführt. Bertelli, der künftig den Vorstandsvorsitz des Hamburger Modeimperiums übernimmt, will den Konzern im feinen Stadtteil Pöseldorf radikal umbauen. "Die neue Strategie, die mit der Historie der Firma nicht mehr vereinbar ist, will die Vorstandschefin als Verantwortliche nicht mehr mittragen", erklärt eine Sprecherin. Der angestrebte Kurswechsel beruhe vornehmlich auf "wirtschaftlichen, kommerziellen Gesichtspunkten". Es habe nichts mit der Designlinie zu tun, heißt es.

In Hamburger Bankenkreisen wird hingegen kolportiert, dass der Prada-Chef verstärkt auf das Massengeschäft setzen will. So sollen die Kollektionen einem breiteren Publikum angeboten werden. Damit will Prada den Umsatz der Jil Sander AG deutlich ausweiten, der 1998 mit 8,6 Prozent auf 214 Millionen Mark kletterte. Im 1. Halbjahr 1999 wuchs der Umsatz nur verhalten um 4,1 Prozent auf 110 Millionen Mark. Vor allem die Herrenkollektion, die Jil Sander 1998 nach erheblichen Anlaufschwierigkeiten auf den Markt brachte, soll dem Vernehmen nach einem Massenpublikum zugänglich gemacht werden. Damit müßte aber die Preispolitik des Life-Style-Konzerns geändert werden, die sich im oberen Preissegment bewegt.

lip

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