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Wirtschaft: Die nächste Razzia

Die Deutsche Bank wird schon wieder durchsucht, diesmal wegen des Kirch-Verfahrens.

Frankfurt am Main - Knapp eine Woche nach der Durchsuchung der Deutschen-Bank-Zentrale wegen möglicher Steuerhinterziehung mit einem Großaufgebot von Polizei, Staatsanwälten und Ermittlern, haben die Behörden bereits am Mittwoch erneut die beiden Banktürme in Frankfurt am Main aufgesucht und Unterlagen beschlagnahmt.

Hintergrund sind diesmal die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit dem Kirch-Prozess. Sie laufen bereits seit über einem Jahr und richten sich gegen die beiden früheren Bank-Chefs Rolf Breuer und Josef Ackermann, den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Börsig sowie Ex-Vorstandsmitglied Tessen von Heydebreck. Die Banker sollen im Verfahren um Schadenersatz wegen der Insolvenz der Kirch-Gruppe falsch ausgesagt und faktisch gelogen haben.

Ohne Details zu nennen, bestätigte die Münchner Staatsanwaltschaft am Donnerstag die Durchsuchungen ebenso wie Pressesprecher Ronald Weichert von der Deutschen Bank. Es seien aber wesentlich weniger Ermittler gekommen als vor Wochenfrist, als es rund 500 waren, sagte Weichert. Man sei überzeugt, dass die Vorwürfe gegen die vier Banker unbegründet seien. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.

Bereits im November vergangenen Jahres hatte die Staatsanwaltschaft wegen der Anschuldigungen Vorstandsbüros sowie Privat- und Ferienwohnungen der Banker auch in Österreich durchsucht. Hintergrund der Ermittlungen ist ein Protokoll einer Sitzung des Vorstandes der Deutschen Bank von vor zehn Jahren. Dabei ging es auch um das Verhalten der Bank gegenüber der Kirch-Gruppe.

Streitpunkt zwischen Gericht und den Deutsche-Bank-Anwälten ist die Auslegung des Vorstandsprotokolls. Die vier Banker wurden vom Gericht bereits als Zeugen im Kirch-Prozess auch zu diesem Protokoll vernommen. Dabei wichen ihre Aussagen angeblich von der Auslegung des Protokolls durch das Gericht ab. Daraus resultiert nun, so ist zu hören, der Vorwurf einer uneidlichen Falschaussage und das seit einem Jahr laufende Ermittlungsverfahren gegen Ackermann, Breuer, Börsig und von Heydebreck. Möglicherweise hätten sie sich vor ihrem Auftritt im Zeugenstand abgesprochen. Am Ende könnte zu es einer Anklage und einem Strafverfahren wegen Prozessbetrugs kommen. Das Delikt kann mit mehrjährigen Haftstrafen geahndet werden.

Erst am vergangenen Freitag hatte das Oberlandesgericht München die Bank und Breuer zu Schadenersatz gegenüber der Kirch-Gruppe verurteilt. Breuer soll im Februar 2002 die Kreditwürdigkeit des Medienunternehmens in einem Fernsehinterview in Zweifel gezogen und damit die wenig später eingetretene Pleite von Kirch mitverursacht haben. Die Höhe des Schadensersatzes muss noch festgelegt werden, könnte sich aber auf bis zu 1,5 Milliarden Euro belaufen. Möglicherweise legt die Deutsche Bank beim Bundesgerichtshof aber noch Beschwerde dagegen ein, dass keine Revision zugelassen wurde. Rolf Obertreis

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