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Wirtschaft: Die riskante Kehrseite der Aktienbesteuerung

Bei Kursrückgängen drohen dem Fiskus Milliarden-AusfälleVON REINHARD UHLMANN (HB, ADN) BONN.Rudolf Dreßler (SPD) und Heiner Geißler (CDU) sind offensichtlich frustriert, daß sie von ihren bekanntlich recht ordentlichen Abgeordnetendiäten nicht rechtzeitig Aktien gekauft haben.

Bei Kursrückgängen drohen dem Fiskus Milliarden-AusfälleVON REINHARD UHLMANN (HB, ADN) BONN.Rudolf Dreßler (SPD) und Heiner Geißler (CDU) sind offensichtlich frustriert, daß sie von ihren bekanntlich recht ordentlichen Abgeordnetendiäten nicht rechtzeitig Aktien gekauft haben.Nur so läßt es sich erklären, daß die beiden Sozialpolitiker in trauter Eintracht den vermeintlich bösen Börsengewinnlern die Freude am Kursfeuerwerk vermiesen wollen.Die beiden Politiker fordern eine - allerdings nicht näher konkretisierte - Besteuerung von Spekulationsgewinnen und garnieren das auch noch mit einer kräftigen Prise Kapitalismus-Beschimpfung.In einer nachrichtenarmen Zeit wie der Osterpause ist dergleichen stets für ein paar Schlagzeilen gut. Nun ist die Besteuerung von Aktienkursgewinnen keineswegs ein Tabu.Immerhin wird der Aktien-Ertrag heute schon steuersystematisch aufgespaltet: Zum einen ist die Dividende steuerpflichtig.Kursgewinne sind steuerfrei - wenn die Aktien länger als die heute bereits geltenden Spekulationsfrist von sechs Monaten gehalten werden.Angesichts der Grundsatzes von der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist diese Unterteilung nicht unbedingt verständlich.Nur sollte über dieses komplexe Thema nicht aus dem hohlen Bauch heraus fabuliert werden, wie das die beiden "Ober-Sopos" getan haben. Denn Koalition und SPD haben über die Besteuerung privater Veräußerungsgewinne bereits während der langwierigen Auseinandersetzungen über die Steuerreform ausgiebig diskutiert.Beide Lager haben sich dann aber in ihren sonst bekanntlich ziemlich konträren Reform-Konzepten darauf festgelegt, die Spekulationsfrist für Veräußerungsgewinne bei privaten Wertpapieren von sechs Monaten auf ein Jahr zu verdoppeln.Parallel dazu wollen Koalition und SPD auch die Spekulationsfrist für Veräußerungsgewinne bei privaten Grundstücken, mit Ausnahme von Eigenheimen, von zwei auf zehn Jahre verfünffachen. Koalition und SPD sind auf diese maßvolle Verschärfung der derzeitigen Regelung nicht von ungefähr verfallen.Denn eine volle Besteuerung von privaten Veräußerungsgewinnen hätte nach dem deutschen Steuersystem für die öffentlichen Haushalte eine höchst riskante Kehrseite.Denn dann müßte auch der Steuerabzug von Veräußerungsverlusten und ihre Verrechnung mit anderen positiven Einkünften, beispielsweise dem Gehalt, zugelassen werden.Bei einem Rückgang der Kurse, den trotz der gegenwärtigen schier unendlichen Hausse niemand ausschließen kann, würde das für den Staat Einnahmeeinbußen in beträchtlicher Milliardenhöhe bedeuten. Außerdem stellt sich die Frage, wie die vielen Wertpapier-Transaktionen überhaupt steuerlich erfaßt und kontrolliert werden können.Ein Beitrag zur Steuervereinfachung wäre eine stärkere Besteuerung von Kursgewinnen jedenfalls nicht.Schon heute sind die Finanzämter mangels hinreichender Kontrollmöglichkeiten darauf angewiesen, daß die Spekulanten ihre steuerpflichtigen Gewinne freiwillig angeben. Ärgerlich an dem Vorstoß Dresslers und Geißlers ist schließlich, daß ausgerechnet zwei Politiker, die für den nicht eben glänzenden Zustand der gesetzlichen Rentenversicherung mitverantwortlich sind, nun mit dem Steuerknüppel gegen Aktionäre herumfuchteln.Und das ausgerechnet in einem Moment, in dem die bislang als Aktienmuffel verschrienen Deutschen den Charme der Aktie nicht zuletzt auch für die Altervorsorge entdecken.Man muß nicht unbedingt der Meinung sein, daß die Aktie die absolut beste Altersversorgung ist.Doch mit der Staatsrente kann sie allemal mithalten. Zu recht hat daher die FDP die Forderung nach einer Besteuerung zurückgewiesen.Man könne nicht die Bürger zu mehr privater Altersvorsorge durch Aktienkäufe auffordern und dann die Gewinne besteuern, sagte FDP-Vorsitzender Wolfgang Gerhard.Der Präsident der Deutschen Schutzverreinigung für Wertpapierbesitz, Otto Graf Lambsdorff warnte, mit einem solchen Schritt würde Kapital vom deutschen Kapitalmarkt vertrieben, das dringend für Investitionen und Arbeitsplätze gebraucht werde.

REINHARD UHLMANN (HB[ADN)]

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