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Wirtschaft: Die Saison der Einwegschwimmer

Im Frühjahr wacht der Markt für Badesachen wieder auf. Gekauft wird alles, was bunt und billig ist – halten muss es auch nur einen Sommer

Planschen, paddeln, tauchen: Wenn die Badesaison im Mai beginnt, fängt bei der Traditionsadresse Berolina Wassersport in Berlin der Großverkauf von Schwimmreifen, -flügeln, -flossen, von Schlauchbooten und aufblasbaren Plastiktieren, von Luftmatratzen und Liegekissen an. Der seriöse Wassersportler beginnt mit seinen Investitionen schon ein paar Wochen früher, im Februar: „Die Leute kaufen dann zu erst einmal vor allem Bootszubehör, um im Frühling ihre Boote fit zu machen“, sagt ein Berolina-Wassersport-Mitarbeiter.

Heimelige 17 Grad haben die Badeseen in Berlin und Brandenburg schon jetzt, im Rheinland ist es ein bisschen wärmer, im Süden sind die Seen noch nicht ganz auf Badetemperatur. Aber segeln und paddeln kann man in jedem Fall.

Das Angebot für Wasserspaßprodukte in Deutschland ist riesig: Da gleiten meterlange, aufblasbare Krokodile, Orkas und Seeungeheuer zum Preis von 12 bis 79 Euro durch die Schwimmbecken, Badeinseln gibt es mit und ohne Beiboot, aber immer mit Palme ab 25 Euro. Kinder steuern Piratenschiffe und werfen auf schwimmende Basketballkörbe. Ein Riesenmarkt, der sich in diesem Jahr nach Erkenntnissen des Wassersportverbandes sogar etwas besser anlässt als im vergangenen. Doch die Vielfalt täuscht: Es gab seit Jahren keine wirklichen Innovationen mehr auf dem Markt: „Da gibt es keine Trends“, sagt ein Sprecher von Wehncke Spiel&Sport, einem der führenden Anbieter in Deutschland. „Wenn die Sonne scheint, kaufen die Leute alles, wenn sie nicht scheint, bleiben wir auf allem sitzen.“ Ob Hai oder Delfin spiele da keine Rolle.

Der Absatz ist vor allem vom Wetter und vom Dollarkurs abhängig, denn die Pustetiere werden auf dem Weltmarkt gekauft. Marktführer ist China, woher auch „99,9 Prozent“ des Angebots in Deutschland stammen. Der Verkauf einzelner Produkte sei außerdem davon abhängig, was die großen Supermarktketten verkaufen.

Real bietet zum Beispiel in diesem Jahr Schnorchelsets für 6,50 Euro (Maske und Schnorchel) an. Aber ist das schon ein Markttrend? Erich Jeske, Pressesprecher der Versandhäuser Quelle und Neckermann, kann keine eindeutigen Trends erkennen. Der Einkäufer im Großhandel entscheidet eben, was der Trend ist. Dafür müssen die Sachen auch nicht länger halten. Nach einer Saison ist Schluss, in der nächsten ist dann vielleicht die Billig-Schwimmflosse dran.

Klar, dass die Schnäppchen für den Strand von Verbraucherschützern kritisch gesehen werden. Sie meinen, dass die aufblasbaren Plastikgeräte unsicher sind – und gelegentlich sogar gefährlich. Ein Schlauchboot, das weniger als 150 Euro kostet, sei streng genommen gar keins, mahnt der Schlauchbootverband. Es sei ein Plastik-Badeboot und könne in der Mittagshitze platzen. Das echte Schlauchboot dagegen sei „kippstabil“, loben die obersten Gummibootkapitäne sich selbst – und, klar, deshalb auch teurer. Die Verbraucherschützer sorgen sich ebenfalls um Luftmatratzen und Planschbecken aus dem Kunststoff PVC . Der könne beim direkten Hautkontakt aufweichen und gefährliche Stoffe freisetzen. Wenigstens Badetücher soll man zwischen sich und die ganz billigen Luftmatratzen bringen, raten die Verbraucherschützer.

Innovationen gibt es nur da, wo es um Sicherheit auf dem Wasser geht – oder um richtigen Sport. Bei Schwimmhilfen zum Beispiel zählt allein die Frage, ob sie wirklich sicher sind: Zusätzlich zu den bewährten orangenen Schwimmflügeln der Firma Bema (ab sechs Euro) gibt’s jetzt „Kraulquappen“: Das sind dicke, mit Schaumstoff und Luft gefüllte Ringe, durch die das Kind die Arme ganz bis an die Schultern steckt. Sie erlauben so mehr Bewegungsfreiheit als die Schwimmflügel, und der Kopf bleibt immer über Wasser, verspricht der Hersteller. Durch die doppelte Sicherheit – Luft und Schaumstoff halten Nichschwimmer über Wasser – sind sie außerdem sicherer als ihre orangenen Urahnen. Sie kosten allerdings auch mehr – nämlich um die 20 Euro.

Teuer sind auch die Sachen, die richtige Sportler kaufen. Bei der bundesweiten Wassersportkette Aquanautic gibt es für 99 Euro Schnorchel, Maske und Flossen. Damit kann man sich auch als sportlicher Schwimmer sehen lassen, meinen die Verkäufer. Zumal die Maske frei Sicht verspricht: Die Scheibe besteht aus gehärtetem Sicherheitsglas und beschlägt angeblich nicht. Dazu gibt es eine Unterwasserkamera, zum Beispiel die „Seemann Aim&Shoot“, die auch für Amateure zu bedienen ist und bis 15 Meter Tiefe dicht hält. Die hat sogar einen einen eingebauten Blitz und kostet um die 50 Euro .

Martin Uebele

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