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Wirtschaft: Die Steuern sinken – das System bleibt kompliziert

Zum 1. Januar reduzieren sich die Sätze, der Grundfreibetrag steigt – doch eine Reihe von Pauschalbeträgen fällt niedriger aus

Von Antje Sirleschtov

Für Steuerzahler heißt es mit dem Beginn des Jahres 2004 umzudenken. Denn nach den Entscheidungen von Bundestag und Bundesrat Ende des vergangenen Jahres ändert sich für alle eine ganze Menge, ob sie nun Einkommensbezieher, Selbstständige oder Unternehmer sind.

Zuerst die neue Steuerbelastung im Einkommensteuerbereich: Anders als es 2000 vom Gesetzgeber beschlossen wurde, werden in diesem Jahr zwei Steuerreformstufen gleichzeitig umgesetzt. Zum einen die nachgezogene Steuerreformstufe aus 2003, zum anderen die teilweise vorgezogene Reformstufe aus 2005. Insgesamt zahlen Steuerzahler damit rund 15 Milliarden Euro weniger Steuern. Der Eingangssteuersatz im Einkommensteuerbereich beträgt jetzt 16 Prozent, der Spitzensatz 45 Prozent. Der Grundfreibetrag, das heißt das nicht steuerpflichtige Einkommen, ist auf 7664 Euro gestiegen.

Im Gegenzug gibt es eine Menge Pauschalbeträge, die ab Januar verringert werden. Pauschalbeträge mindern das steuerpflichtige Einkommen. So beträgt der Werbungskosten-Pauschbetrag nun nur noch 920 Euro und der Sparerfreibetrag 1370 Euro. Pendler müssen ihre Belastungen durch den Arbeitsweg neu kalkulieren. Auch die Eigenheimzulage wurde auf höchstens 1250 Euro jährlich für Alt- wie Neubauten gekappt (siehe Kästen). Betroffen davon sind allerdings nur Bauherren, die erst 2004 Kaufverträge oder Baugenehmigungen vorlegen können. Außerdem wird die Arbeitnehmersparzulage im Rahmen der Vermögensbildung auf 18 Prozent der angelegten vermögenswirksamen Leistungen und auf einen Höchstbetrag von 400 Euro reduziert.

Wichtig für alle Steuerzahler: Weil die meisten ihre Freibeträge bereits in die Lohnsteuerkarten haben eintragen lassen und diese den Arbeitgebern schon im Januar zur Steuerabrechnung vorliegen, sollten Steuerzahler entscheiden, ob sie kurzfristig Änderungen an diesen Eintragungen vornehmen oder die eingetragenen Pauschbeträge stehen lassen. Wer sich für Letzteres entscheidet, wird wahrscheinlich im kommenden Jahr bei der Steuererklärung Nachzahlungen leisten müssen. Dafür fallen die monatlichen Steuerzahlungen bis Dezember 2004 geringer aus. Höhere Liquidität in diesem Jahr bedeutet aber, sich auf die Belastungen im nächsten Jahr einzustellen. Zu bedenken gilt außerdem, dass die neuen Sparerfreibeträge eventuell angepasst oder neu aufgeteilt werden müssen, wenn man Kapitaleinkünfte bei verschiedenen Geldhäusern erwartet.

Noch ein Hinweis für Alleinerziehende: Durch die Steuerreformstufen kommt es nach Ansicht von Familienpolitikern zu weiteren Verzerrungen zu Ungunsten von Familien mit Kindern, vor allem, wenn sie Alleinerziehende sind. Das folgt insbesondere aus dem Wegfall des Haushaltsfreibetrages. Wer mit Kindern unter 18 Jahren allein in einem Haushalt lebt, kann ab Januar diesen Jahres einen Freibetrag von 1308 Euro geltend machen.

Steuerhinterziehern, die sich jetzt gegenüber den Finanzämtern ehrlich machen wollen, räumt der Gesetzgeber bis Mitte 2005 die Möglichkeit ein, ihre Einkünfte zu einem Pauschalsatz von 25 Prozent bis Ende 2004 und 35 Prozent bis März 2005 zu versteuern, ohne strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Wer Einkünfte nachversteuern möchte, sollte dies jedoch nicht ohne fachkundigen Rat tun, weil es unter Steuerberatern und Juristen noch große Unsicherheit über die rechtlichen Folgen gibt. Die genauen Regelungen und Vordrucke zu der Nachversteuerung kann man auf der Homepage des Finanzministeriums (www.bundesfinanzministerium.de) nachlesen.

Rauchern hat der Gesetzgeber bis Ende Februar eine Gnadenfrist eingeräumt. Ab 1.März werden Zigaretten dann um 1,2 Cent Tabaksteuer teurer. In zwei weiteren Schritten wird die Tabaksteuer zum 1.Dezember 2004 und zum 1.September 2005 nochmals um je 1,2 Cent pro Zigarette angehoben. Wer eine Schachtel mit 19 Zigaretten pro Tag raucht, hat im gesamten Jahr 2004 dadurch Mehrkosten von mehr als 80 Euro.

Unter dem Stichwort Steuervereinfachung hat der Gesetzgeber den Arbeitnehmern ab 2004 erstmals die Möglichkeit eingeräumt, ihre Steuererklärung elektronisch an das Finanzamt zu senden. Wer diese Möglichkeit wahrnehmen will, sollte das mit den Beamten vor Ort besprechen, um keine Fristen zu versäumen oder formale Fehler zu begehen. Selbstständige müssen beachten, dass sie neben ihrer Gewinn- und Verlustrechnung erstmals gesonderte Vordrucke zur Steuererklärung abgeben müssen.

Auf Unternehmer kommen in diesem Jahr eine ganze Reihe Neuregelungen zu. Sie betreffen vor allem die Anrechnung von Verlusten vergangener Jahre auf die Gewinnermittlung in diesem Jahr und die Besteuerung von Darlehen, die Gesellschafter ihren Unternehmen geben. Die Stichworte sind dabei Mindestbesteuerung und Gesellschafterfremdfinanzierung.

Hoffung auf ein weitgehend vereinfachtes Steuersystem und sinkende Steuersätze machen verschiedene Konzepte, die seit einigen Monaten diskutiert werden. Angesichts der Menge der noch ungelösten Probleme in diesem Bereich und der Mitte des Jahres bereits wieder einsetzenden Wahlkämpfe auf Landesebene sollten sich Steuerzahler jedoch nicht allzu viel Hoffnung darauf machen, dass sich 2005 oder 2006 wesentliche Änderungen ergeben werden.

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