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Bei Politikern beliebt. Das Audi-Oberklassemodell A8 und der etwas kleinere A7 werden gerne als Dienstwagen genutzt – meist als Diesel.

© Christof Stache/AFP

Dieselgate: Für Audi-Chef Stadler wird es eng

Der Skandal um die Manipulation der Abgassteuerung ist noch lange nicht vorbei, wie der aktuelle Rückruf von Audi-Oberklassemodellen zeigt. Kritiker des Vorstandsvorsitzenden sehen sich bestätigt.

Zwei Wochen nach der überraschenden Verlängerung des Vertrags um fünf Jahre wackelt der Stuhl von Audi-Chef Rupert Stadler schon wieder bedenklich. Nachdem die Oberklassenmarke des VW-Konzerns am Donnerstagabend den Rückruf von 24.000 Autos vom Typ A7 und A8 wegen „Auffälligkeiten“ bei den Stickoxidemissionen (NOx) einräumen musste, wird es eng für den Audi-Chef.

An dessen Fähigkeiten zweifeln Mitglieder des Aufsichtsrats zwar seit längerem, doch mangels Alternative hatte das Gremium unter der Leitung von VW-Vorstandschef Matthias Müller den Vertrag verlängert. Stadler begann seine Karriere als Bürochef von Ferdinand Piëch, wurde 2003 Finanzvorstand von Audi und 2007 Vorstandschef. Unter seiner Führung hat Audi gegenüber Mercedes und BMW an Boden verloren.

In den Hauptwerken Ingolstadt und Neckarsulm gibt es Auslastungsprobleme, Produktivität und Design sind relativ schlecht, und mit besonderen Innovationen ist Audi schon länger nicht aufgefallen. Das hat inzwischen auch die Konzernspitze um Matthias Müller registriert. Und mit jeder schlechten Nachricht wachsen die Zweifel an Stadler.

Rupert Stadler. Dem Audi-Chef wird ein guter Draht zum Volkswagen-Eigentümer-Clan nachgesagt.
Rupert Stadler. Dem Audi-Chef wird ein guter Draht zum Volkswagen-Eigentümer-Clan nachgesagt.

© Christof Stache/AFP

Die jetzt zurückgerufenen Autos stoßen teilweise doppelt so viel NOx aus wie erlaubt. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wirft Audi vor, eine illegale Software eingesetzt zu haben. Die Münchener Staatsanwaltschaft, die Mitte März ein Verfahren gegen Audi eröffnet hatte, weitete am Freitag ihre Ermittlungen aus. Einbezogen würden nun auch Fahrzeugverkäufe in Deutschland und Europa, nicht mehr nur wie bisher in den USA, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Dort hatte Audi einen milliardenschweren Vergleich mit dem Justizministerium geschlossen, um einen Haken hinter Dieselgate machen zu können. Das war offenkundig ein Irrtum. Denn mit der Ausweitung der Ermittlungen rückt nun die Frage in den Mittelpunkt, ob die VW-Tochter tatsächlich eine illegale Abschalteinrichtung in Europa verwendet hat.

Während VW in den USA die Verwendung einer solchen Software zugegeben hat, vertritt der Konzern hierzulande eine andere Position. Nach europäischem Recht ist die in VW-Motoren vom Typ EA 189 enthaltene Software nach Meinung der Wolfsburger keine unzulässige Abschalteinrichtung. Auch andere unter Betrugs- Verdacht stehende Hersteller wie Daimler oder Fiat-Chrysler behaupten, die Abschaltung der Abgasreinigung bei bestimmten Temperaturen („Thermofenster“) sei legal. Dieser Argumentation hat sich auch der Verband der Autoindustrie (VDA) angeschlossen.

Audi ärgert sich über Dobrindts Auftritt in Berlin

Die jetzt bei den Audi-Oberklassemodellen auffällig gewordene Technik ist schon länger umstritten. Es geht um eine sogenannte Lenkwinkelerkennung. Wird die Lenkung um mehr 15 Grad eingeschlagen, erhöhen sich die Emissionen, weil in dem Auto ein spezielles Schaltprogramm für das Automatikgetriebe aktiviert wird. Dies sorgt dafür, dass die Autos im Fahrbetrieb auf der Straße deutlich mehr NOx ausstoßen als auf dem Prüfstand und die Grenzwerte überschreiten. Audi wird vorgeworfen, diese Technik bei Diesel- und Benzinfahrzeugen eingesetzt zu haben.

Intern wird der Betrugsvorwurf nach wie vor zurückgewiesen. Man sei über die scharfe Reaktion von Verkehrsminister Dobrindt „überrascht“ gewesen, heißt es im Unternehmen. „Dass Herr Dobrindt allein vorprescht, hat mich persönlich sehr enttäuscht“, sagte Rupert Stadler der „Automobilwoche“. Man habe das weitere Vorgehen „gemeinsam kommunizieren“ wollen. Auch die kurze Frist bis zum 12. Juni, innerhalb der Audi eine technische Lösung präsentieren muss, stößt auf Unverständnis. Audi betont, die technischen Probleme selbst entdeckt und dem Kraftfahrt-Bundesamt gemeldet zu haben.

Scharfe Kritik an Dobrindt übte auch der Linken-Bundestagsabgeordnete Herbert Behrens, Vorsitzender des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Abgasskandal: „Alexander Dobrindt ist mit seinem Versuch, aus dem Abgasskandal das Problem einiger weniger zu machen, gescheitert“, sagte Behrens am Freitag. „Nun fliegen dem Verkehrsminister die angeblichen Erkenntnisse aus seiner Untersuchungskommission ‚Volkswagen‘ um die Ohren.“ Dobrindt hatte kurz nach Beginn des VW-Abgasskandals im September 2015 die Untersuchungskommission eingesetzt.

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