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Wirtschaft: Digitale Produkte: Interview: "Im Ein-Mann-Betrieb entstehen künftig erstklassige Produkte"

Michael Hutter ist Inhaber des Lehrstuhls für Theorie der Wirtschaft und ihrer Umwelt der Uni Witten-Herdecke. Zum Thema Online Spezial: New Economy Herr Hutter, was macht ein Produkt zu einem virtuellen oder digitalen Produkt?

Michael Hutter ist Inhaber des Lehrstuhls für Theorie der Wirtschaft und ihrer Umwelt der Uni Witten-Herdecke.

Zum Thema Online Spezial: New Economy Herr Hutter, was macht ein Produkt zu einem virtuellen oder digitalen Produkt?

Ein Produkt ist dann digital, wenn es sich in Informationen auflösen lässt. Das gilt für sämtliche Güter der Medienbranchen: Musik, Filme, Bilder, Texte. Über diesen Kernbereich hinaus gibt es Produkte, deren Vermarktung einen hohen Informationsbedarf hat. Um solche Güter bekannt zu machen, muss der Verkäufer eine Vielzahl von Informationen zusätzlich liefern.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Denken Sie an den Investitionsgüterbereich, an komplexe Maschinen aber auch an anspruchsvolle Konsumgüter. Das Netz bietet sich für alle Produkte an, bei denen der Kunde sich über verschiedene Leistungen des Produktes informieren oder eine verbesserte Version des Gutes bekommen will, zum Beispiel neue Klingeltöne für das Handy.

Welche besonderen Eigenschaften haben digitale Produkte?

Bis jetzt wurden Informationsgüter auf Trägermedien geliefert, sei es auf Papier, CD, Magnetband oder Film. Die Digitalisierung schreitet seit zwei Jahrzehnten voran. Was wir jetzt erleben, ist ein weiterer Schritt: Das Produkt wird in digitaler Form zum Kunden geliefert. Das gibt dem Kunden ganz neue Möglichkeiten der Bearbeitung und Manipulation. Die digitale Fertigung eröffnet aber auch neue Möglichkeiten der Kombination und Rekombination, die bisher sehr teuer und schwierig waren. Folglich haben wir auch bei den Produzenten eine Veränderung - weg von Firmen, die sehr aufwendige Produktionsanlagen besitzen mussten, hin zu sehr kleinen Einheiten, die praktisch im Ein-Mann-Betrieb eine Technologie vorhalten können, die erstklassige Produkte liefert.

Welche Folgen hat das für die Organisation von Unternehmen?

Große Vertriebsnetze, die bisher oft die Größe der Firmen bestimmt haben, sind nicht mehr nötig. Die Firmen werden kleiner und flexibler. Sie schließen sich für bestimmte Projekte oder Technologien mit anderen Firmen zusammen und bilden zeitweise Kooperationen. Das geht bis hin zum virtuellen Unternehmen, das nur noch als ein Vertragsnetzwerk existiert. Für Arbeitnehmer aber auch Arbeitgeber bedeutet das eine größere Unsicherheit, weil es keinen beständigen Arbeitsverbund mehr gibt.

Ändert die neue Form des Wirtschaftens die Machtverhältnisse auf den Märkten?

Unbedingt. Sie schafft neue Beziehungen sowohl zwischen den Produzenten als auch zwischen den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette. Die Wertschöpfungskette wird zum Teil kürzer, in anderen Fällen fragmentierter, weil sich Spezialisierungen bilden. Innerhalb dieser Kette können sich relativ rasch, je nachdem was jeweils der knappe Faktor ist, also wo der Wettbewerb am stärksten ist, neue Machtpositionen bilden und alte auflösen.

Der Verbraucher hat sich daran gewöhnt, dass er im Netz fast alles kostenlos bekommt. Wie kann man daraus ein Geschäft machen?

Das ist ein Prozess, der offenbar länger dauert als viele Unternehmen gedacht haben. So lange die Verbraucher die Möglichkeit haben, auf andere Informationsquellen auszuweichen, die weniger kosten, werden sie das auch tun. Aber in dem Maß, in dem die Qualität der digitalen Produkte besser wird als das, was wir über den normalen Handel bekommen, werden die Kunden auch bereit sein, dafür zu bezahlen. Die Unternehmen können aber nicht warten, bis sich das Käuferverhalten verändert hat. Sie müssen die Digitalisierung vorantreiben, um mit ihren Produkten da zu sein, wenn es so weit ist. Deswegen finden wir heute die oft etwas erstaunliche Bereitschaft großer Medienunternehmen in Digitalisierung zu investieren, obwohl man doch den Eindruck hat, dass damit kein Geld zu verdienen ist.

Und wer wird am Ende profitieren?

Wir alle. Wir reden hier von einer neuen Grundlagentechnologie, da gilt Ähnliches wie bei der Erfindung der Eisenbahn: Von diesem Produktivitätsschub für die gesamte Wirtschaft profitieren im Prinzip alle.

Herr Hutter[was macht ein Produkt zu einem virtue]

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