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Wirtschaft: DIHK sieht Deutschland in der Rezession

Verband befürchtet, dass die Wirtschaft bis zum Sommer schrumpft – und noch mehr Jobs wegfallen

Berlin (brö). Deutschland steckt nach Ansicht des Deutschen Industrie und Handelskammertages (DIHK) erneut in einer Rezession. „Wir reduzieren unsere Wachstumserwartungen für dieses Jahr auf null“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung einer Konjunkturumfrage. DIHK-Chefvolkswirt Axel Nitschke zufolge bedeutet dies, dass die Wirtschaftsleistung in der ersten Jahreshälfte zurückgeht. Von einer Rezession spricht man, wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in zwei aufeinander folgenden Quartalen rückläufig ist. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim nannte die Konjunkturlage „labil“. Am Montag hatte bereits die Bundesbank bekannt gegeben, dass die Wirtschaft im vierten Quartal 2002 geschrumpft sein könnte. Im ungünstigsten Fall könnte das Land also drei Quartale mit rückläufigem BIP erleben.

Der DIHK berichtete zudem nach einer Umfrage unter 25 000 Unternehmen von einer extrem schlechten Stimmung in der Wirtschaft. Selbst, wenn der Irak-Konflikt ohne einen Krieg gelöst werden könne, werde es keine Belebung geben. „Besserung ist nicht in Sicht“, urteilte Hauptgeschäftsführer Wansleben. „Deutschland steckt tief in der Konjunkturflaute, Frust und Skepsis bestimmen das Bild.“ Ein Krieg erhöhe die Wahrscheinlichkeit eines Minus weiter. „Sollten die Exporthoffnungen der Unternehmen – gefährdet durch einen längeren Irak-Konflikt – jedoch trügen, muss eine Rezession befürchtet werden“, befand Wansleben. Im Februar oder März könne es daher mehr als fünf Millionen Arbeitslose geben. Zuletzt hatte die Wirtschaft 2001 eine Rezession durchgemacht.

Der DIHK-Umfrage zufolge erwarten vier von zehn Unternehmen in diesem Jahr schlechtere Geschäfte. Nur 18 Prozent gehen davon aus, dass sich die Lage bessert. Schlechter sei das Stimmungsbild nur im Rezessionsjahr 1993 gewesen. Der Pessimismus führt zu einer Korrektur der Investitions- und Beschäftigungspläne nach unten. Nur 15 Prozent der Firmen wollen neue Maschinen kaufen, nur jedes dreizehnte Unternehmen gab an, 2003 neue Mitarbeiter einstellen zu wollen. Besonders schlecht geht es nach eigenem Bekunden den Branchen Bau und Handel. Dynamik werde allenfalls der Export entfalten, glaubt der DIHK. Auch in Berlin und Brandenburg habe sich die Wirtschaftslage gegenüber Herbst 2002 weiter verschlechtert.

Verantwortlich für die Eintrübung der Stimmung sind laut DIHK die schlecht laufende Konjunktur sowie die Tarifabschlüsse des vergangenen Sommers. „Die Arbeitskosten sind für die Firmen nicht mehr tragbar“, sagte Wansleben. Ein Ausweg könnten betriebliche Bündnisse für Arbeit für angeschlagene Unternehmen sein, bei denen Belegschaft und Vorstand über Lohnhöhe und Arbeitszeit verhandeln und dabei vom Tarifvertrag abweichen könnten.

Kritik übte der Verband an der Politik der Bundesregierung. Wansleben: „Ohne Reformen auf dem Arbeitsmarkt wird es keinen Aufschwung geben.“ Auch die Verschuldungsgrenze des EU-Stabilitätspaktes werde Deutschland reißen. „Unternehmen wie Konsumenten mangelt es an einer klaren Perspektive.“

„Zwischen Hoffen und Bangen“

Auch eine Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 322 Finanzmarkt-Experten ergab keine Anzeichen für einen Stimmungswechsel. Der Index der Konjunkturerwartungen stieg im Februar um einen Punkt auf 15,0. Im Januar war der Index zum ersten Mal seit sieben Monaten wieder gestiegen. „Die Lage bleibt labil, wir bewegen uns zwischen Hoffen und Bangen“, kommentierte der ZEW-Chef und neue Wirtschaftsweise Wolfgang Franz. Auch im zweiten Halbjahr sei mit einem schlechten Bruttoinlandsprodukt zu rechnen.

Die schleppende Entwicklung in der Industrie zeigen auch neue Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Der Umsatz im verarbeitenden Gewerbes und im Bergbau ging 2002 um 1,5 Prozent auf 1326,1 Milliarden Euro zurück. Die Beschäftigung fiel um 183 600 Personen auf 6,2 Millionen.

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