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Wirtschaft: Disneyland in schweren Finanznöten

Dem Vergnügungspark in Paris gehen die Besucher und das Geld aus – Schulden von 1,7 Milliarden Euro verderben den Spaß

Berlin (mot). Eine Achterbahnfahrt der besonderen Art haben die Aktionäre des Vergnügungsparks Disneyland Paris am Freitag erlebt: Nachdem am Vorabend bekannt geworden war, dass das Unternehmen wieder einmal in Zahlungsschwierigkeiten steckt, stürzte die Aktie an der Pariser Börse wie im freien Fall ab. Mehr als 20 Prozent verlor das Papier, bevor es im Handelsverlauf wieder langsam bergauf ging. Starke Nerven waren gefragt – wie bei einer Sturzfahrt im Abenteuerland des französischen Großparks.

Die Tourismusflaute und die Folgen des Streiks in Frankreich treffen den größten Vergnügungspark Europas, der nicht zum ersten Mal in der Krise steckt, mit voller Wucht. Disneyland hatte am Donnerstagabend mitgeteilt, die angestrebten Unternehmensziele für den Freizeitpark und seine Hotels in diesem Geschäftsjahr und im Jahr 2004 nicht erreichen zu können. Zahlungsverpflichtungen bei Banken, so ein Sprecher, könnten nicht eingehalten werden. Der Umsatz ist im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sieben Prozent auf 275,6 Millionen Euro eingebrochen, Verbindlichkeiten in einem Volumen von 1,7 Milliarden Euro lasten auf dem Unternehmen. Einen im Juni 2004 fällig werdenden Kredit von 167,7 Millionen Euro sollen die Banken offenbar stunden. Gespräche würden geführt, heißt es.

Dabei hatte das Geschäftsjahr 2002/2003 vielversprechend begonnen: Dank der Eröffnung des Walt Disney Studio Parks im März 2002 stieg der Umsatz im ersten Quartal um mehr als 16 Prozent, die fast 1500 zusätzlichen Hotelbetten sollten den Cashflow des „Magic Kingdoms“, das im letzten Jahr 13 Millionen Besucher anzog, verbessern. Einen Gewinn für das Gesamtjahr wollte Disney freilich schon damals nicht in Aussicht stellen. Ungewohnter Realismus in einem sonst zum Gigantismus neigenden Unternehmen.

Der 2002 eröffnete Themenpark, der 610 Millionen Euro kostete, sollte eigentlich nur eine neue von vielen weiteren Ausbaustufen des europäischen Disneylands sein. Erst vor drei Wochen hatte Euro Disney eine neue Ausbaustufe des Geländes in Marne-la-Vallée in Angriff genommen. Ein auf 30 Jahre angelegtes Abkommen mit dem französischen Staat, das 1987 unterschrieben wurde, erlaubt zumindest theoretisch die Erweiterung um weitere Erlebniswelten. Die Freizeitstadt aus der Retorte soll so bis 2008 auf rund 40000 ständige Einwohner anwachsen. Die Regierung subventionierte bislang den Bau von Bahnhöfen und Straßen mit 500 Millionen Euro. Disneyland verpflichtete sich, Wohnungen, Schulen und Einkaufszentren zu bauen. 40000 Arbeitsplätze sind heute vom Freizeitpark abhängig,

Die Idee des Public-Private-Partnerships schien aufzugehen: Nach hohen Anlaufverlusten schrieb der Park seit 1995 schwarze Zahlen und profilierte sich zum Urlaubsziel wie die Vorbilder in Kalifornien und Florida. Hinter den Fassaden war von der heilen Welt indes keine Spur. Mehrfach umgeschuldete Kredite und die Lizenzzahlungen an den amerikanischen Disney-Konzern setzten dem Europa-Ableger zu. Seit Januar verzichtet die US-Zentrale auf die Überweisungen. Noch kann es sich der US-Medien- und Unterhaltungskonzern leisten: Im dritten Quartal stiegen Gewinn und Umsatz dank ausgezeichneter Ergebnisse der Film- und Fernsehsparten.

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