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Wirtschaft: Dittmeyer: Saft- und kraftlos

Allmählich sterben sie aus, die Fabrikanten, die sich voll mit ihrem Produkt identifizieren. Einer von ihnen heißt Rolf H.

Allmählich sterben sie aus, die Fabrikanten, die sich voll mit ihrem Produkt identifizieren. Einer von ihnen heißt Rolf H. Dittmeyer. Der 80-Jährige spricht von seinem Qualitäts-Orangensaft wie von einem eigenen Kind: "Valensina ist mein Leben." Er machte sogar selber Fernsehwerbung für sein Produkt. In beispiellosen TV-Spots, in denen er selber auftrat, ließ er sich als "Onkel Dittmeyer" titulieren. Doch nun ist sein Lebenswerk gescheitert. Sein Unternehmen geriet zu tief in die roten Zahlen. Notgedrungen stellte die Geschäftsleitung jetzt Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit.

Mit Unterstützung seiner Kreditgeber - der Hamburgischen und der Bremer Landesbank - hatte Dittmeyer in den letzten Tagen und Wochen noch händeringend nach einem potenten Investor gesucht, der mit frischem Kapital bei ihm einsteigen würde. Doch alle sagten ab: der Konkurrent Beckers Bester ebenso wie Brau und Brunnen, die Bremer Beck-Brauerei-Gruppe ebenso wie die Underberg-Tochter Sportfit. Zuletzt stand noch ein Privatmann auf der Matte, der im Hauptberuf eine Mineralwasserfirma leitet. Doch auch diese Verhandlungen scheiterten. Daraufhin wollten die Kreditinstitute dem Verlustbringers die nötige Liquidität nicht länger garantieren. Dittmeyer blieb nur der Weg zum Insolvenzgericht.

Dittmeyer hatte sich schon einmal von seinem geliebten Kind "Valensina" trennen müssen: Nach einem Hörsturz verkaufte er 1984 "schweren Herzens" die Marke an Procter & Gamble. Offenbar wegen Verlusten mit dem Saftgeschäft wollte sich der US-Konzern 1998 wieder davon trennen. Da juckte es den schon 77-Jährigen in den Fingern. Um die Marke zu retten, kaufte er sie zurück, angeblich für 30 Millionen Mark. Auf der Suche nach einer eigenen neuen Produktionsstätte wurde er 1999 in Bremen fündig, wo er mit Unterstützung des Landes einen Betrieb im Europahafen baute. Von hier aus brachte er auch Grapefruitsaft, Fruchtsaft-Tee und Apfelsinensaft-Bonbons auf den Markt. Sein Anspruch war hoch: "Wir wollen nicht die Größten sein, dafür aber die Besten."

150 Arbeitsplätze stellte der Firmenpatriarch bei der Neugründung in Aussicht. Doch zuletzt waren es erst 50. "Ich habe wieder bei Null angefangen", begründete Dittmeyer die Anlaufschwierigkeiten - "das braucht seine Zeit". Für die ersten Jahre habe er Verluste einkalkuliert. Doch nach Auskunft von Horst-Günter Lucke, Vorstandsmitglied der Bremer Landesbank, dauerte diese Phase länger als erwartet - für die Banken zu lang. Die Kreditinstitute und Firmenchef Dittmeyer hätten sich einer "gemeinsamen Täuschung" hingegeben. "Wir meinten, alle stehen mit offenen Armen da und warten auf den Qualitätssaft", erklärt Bankier Lucke das Scheitern. "Doch der Verbraucher ist vergesslich." Und er schaut stärker auf den Preis als früher. Außerdem sei der Markt heute heiß umkämpft.

Dittmeyers persönlich haftender Mitgesellschafter Friedrich Wilhelm Grabow umschreibt die Gründe des Scheiterns so: "Als kleines Unternehmen hatten wir nicht genügend Eigenkapital, um die Anlaufstrecke zu überstehen", zumal der Rückkauf der Marke von Procter & Gamble viel Geld gekostet habe und in Bremen hohe Anfangsinvestitionen für neue Maschinen nötig gewesen seien. Bei der Neugründung vor zweieinhalb Jahren sei die Marksituation freundlicher gewesen als heute. Dann seien allerdings Preise und Erträge eingebrochen, sagt Grabow. Auf die 50 Beschäftigten lässt der Gesellschafter dagegen nichts kommen: "Wir haben sehr gute Mitarbeiter hier und arbeiten sehr effizient."

Was noch bleibt, ist eine "Resthoffnung", wie Landesbank-Vorstandsmitglied Lucke sagt. Vielleicht melde sich einer der abgesprungenen Kaufinteressenten noch einmal - jetzt, wo die Insolvenz für Rechtsklarheit sorge. "Das würden wir unterstützen", sagt Lucke. Mit der Dittmeyer-Pleite gehen auch zwei kleine Tochterfirmen in Insolvenz, die die Bremer Betriebsstätte verwalten. Nicht betroffen ist dagegen die Hamburger Frucht-Plantagen KG des Dittmeyer-Sohnes Clemens. Die ist nach Aussage des Bremer Unternehmens "kerngesund".

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