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Wirtschaft: DIW: Berlin braucht die Hilfe des Bundes

Ohne Hilfe des Bundes wird Berlin nicht auf die Beine kommen. Zu dieser Einschätzung kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschunge (DIW).

Ohne Hilfe des Bundes wird Berlin nicht auf die Beine kommen. Zu dieser Einschätzung kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschunge (DIW). Selbst unter größten Anstrengungen werde das Berliner Haushaltsdefizit im Jahr 2005 noch rund 2,6 Milliarden Euro betragen, schreibt das DIW in seinem jüngsten Wochenbericht. Der Bund müsse seiner Hauptstadt deshalb Hilfen zur Entschuldung gewähren. "Hierfür muss die Stadt ihre Haushaltsnotlage jedoch vor das Verfassungsgericht bringen", sagte DIW-Finanzexperte Dieter Vesper am Dienstag bei der Vorstellung der Studie. Eine einmalige Entschuldungshilfe vom Bund - Vesper sprach von rund zwei Milliarden Euro - ersetze aber keineswegs eigene Sparanstrengungen. Nach Ansicht des DIW muss die Stadt rund zehn Prozent der jetzigen Stellen in der öffentlichen Verwaltung einsparen. Beim Wohnungsbau empfehlen sie eine Beendigung der Förderung.

Bildung, Wissenschaft und Kultur seien für die Stadt hingegen die falschen Sparobjekte. "Man sollte nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt", sagte DIW-Präsident Klaus Zimmermann. Berlin genieße als Ort der Kultur und Wissenschaft weltweite Aufmerksamkeit. Diese Stärken seien für die steigenden Touristenzahlen verantwortlich. Wirtschaftlich bleibe Berlin hingegen weit hinter anderen Metropolen zurück. Mit einem Bruttoinlandsprodukt je Einwohner von 22 600 Euro liege die Bundeshauptstadt um 50 Prozent unter München oder Brüssel. "Der Niedergang der Berliner Industrie konnte jedoch gestoppt werden", sagte Zimmermann. Mit einem Wachstum von einem Prozent bewege man sich hier inzwischen im Bundestrend. Von einem "Dritten Arbeitsmarkt" und "bezirklichen Beschäftigungsinitiativen" soll sich die Berliner Politik nach Meinung der Wissenschaftler verabschieden. Mit solchen Maßnahmen sei der Berliner Arbeitsmarkt nicht nachhaltig zu entlasten. "Wir setzen auf die aktive Beschäftigungpolitik der Bundesregierung", sagte Zimmermann. Lohnkostenzuschüsse oder eine Subventionierung der Sozialversicherungsbeiträge seien der deutlich bessere Lösungsansatz. Berlin solle sich im Übrigen in die Diskussion um die Neugestaltung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe einschalten. Das Institut betonte die Notwendigkeit eines Großflughafens für Berlin-Brandenburg. Die Wirtschaftswissenschaftler empfehlen jedoch noch einmal eine genaue Standortprüfung. Der Flughafen Schönefeld eigne sich im Vergleich zu alternativen Standorten nicht als großes Drehkreuz. Mit dem bisherigen privaten Finanzierungskonzept ist das DIW ebenfalls nicht einverstanden. "Marktwirtschaft kann nicht heißen: Risiken beim Staat und Profit beim Unternehmen", so Zimmermann über bisherige Absicherungsmodelle der öffentlichen Hand. Gegen eine erneute Standortüberprüfung wandte sich dagegen die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB). UVB-Hauptgeschäftsführer Hartmann Kleiner meinte im Rahmen der Jahrespressekonferenz des Verbandes, wer die Standortentscheidung für den Flughafen neu diskutieren wolle, der nehme eine Verzögerung des Projekts um "mindestens drei bis bis Jahre" in Kauf.

Für Kleiner ist der "Drehkreuzflughafen für Nord-, Mittel- und Osteuropa das Schlüsselprojekt für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Region". Kleiner forderte die Vertreter des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg auf, bei der Aufsichtsratssitzung der Flughafenholding am 15. März endlich zu entscheiden, ob es Verhandlungen mit Hochtief und IVG geben solle. Das Bieterkonsortium will den Flughafen privat bauen, hat bislang aber aus politischer Sicht unzulängliches Angebot für die Flughafenholding unterbreitet. Nur wenn bis zum Sommer eine Entscheidung über die Art des Baus - privat oder öffentlich - getroffen sei, könne im nächsten Jahr mit dem Bau begonnen werden, sagte Kleiner.

Investitionsstau von 250 Millionen Euro

Der UVB zufolge ist das Passagieraufkommen auf den drei Berliner Flughäfen zwischen 1991 und 2000 von knapp acht Millionen auf 13,3 Millionen Fluggäste gestiegen. Die Fluggastprognose von 17 Millionen im Jahr 2007 - dann soll der neue Flughafen nach ursprünglicher Planung eröffnet werden soll - sei "weiterhin realistisch". Da bei einem Anstieg der Fluggastzahlen um eine Million "die Gesamtbeschäftigung in der Region um 2500 Arbeitsplätze steigt", komme dem Flughafen eine herausragende Bedeutung für Wirtschaftskraft und die Arbeitsplätze in der Region zu. Kleiner kritisierte in dem Zusammenhang die ablehende Haltung des neuen Wirtschaftssenators Gregor Gysi gegenüber Berlin Brandenburg International. Der UVB-Chef forderte den Senat auf, die Haushaltssperre aufzuheben, damit vor allem kofinanzierte Investionsfördermittel ausgegeben werden könnten. Derzeit blockiere die Haushaltspolitik Investitonen im Umfang von rund 250 Millionen Euro.

alf, phs

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