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DIW-Chef Zimmermann: "Betroffen und verletzt"

Wie sich DIW-Präsident Klaus Zimmermann gegen die Vorwürfe des Berliner Rechnungshofes wehrt.

Berlin - Für die Attacke hatte Klaus Zimmermann Klaus-Peter Schmidt-Deguelle dabei. Er kenne sich aus mit Rechnungshofberichten, sagte der frühere Sprecher und Berater des hessischen Ministerpräsidenten und späteren Bundesfinanzministers Hans Eichel. Doch der Bericht des Berliner Rechnungshofs über die Verwendung öffentlicher Mittel beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sei „ein Dokument zwischen Größenwahn und Korinthenkackerei“. Ein Skandal, zweifellos. Aber doch „nicht im DIW, sondern im Rechnungshof“. Die Schlussfolgerung des Kommunikationsprofis Schmidt- Deguelle: „Der Wissenschaftssenator ist gefordert, den Angriff auf das Institut zurückzuweisen.“

Mit seinem eigenen Geld hat Zimmermann Schmidt- Deguelle angeheuert, damit der ihm hilft gegen den Rechnungshof, die Berliner Politik und die Medien. In dem Bericht vom 26. November listen die Prüfer penibel Verstöße gegen öffentliches Vergaberecht und überhaupt die Verschwendung von Steuergeldern durch das DIW auf. Adressat der 63 Seiten ist die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Dort hat nun auch Zimmermann seine 129 Seiten umfassende Entgegnung abgeliefert, bei der ihn die Anwaltskanzlei Hogan & Hartson Raue unterstützte. Deren Honorar zahlt das DIW. Der Haushalt des größten deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts wird zum Großteil vom Steuerzahler getragen: Rund 13 Millionen Euro geben Bund und Land Berlin jedes Jahr für Zimmermanns Forschertruppe.

Der Präsident selbst sprach am Freitag von einer „schwierigen und herausfordernden Situation“. Im Rahmen eines Pressegesprächs räumte er „vergaberechtliche Versäumnisse“ ein, aber „die zentralen Vorwürfe sind nicht gerechtfertigt“. Und nicht nur das. Der Rechnungshof habe unzulässig recherchiert, „überzogene und verallgemeinernde Schlussfolgerungen“ angestellt und überhaupt dem Institut geschadet. Er selbst, so Zimmermann, sei „betroffen und verletzt“.

Konkret äußerte sich der DIW-Chef zu drei Punkten: seinen Nebentätigkeiten, den Umzug des Instituts von Berlin-Dahlem nach Mitte im Jahr 2007 und schließlich zum DIW DC in Washington. Das Thema Nebentätigkeiten war schnell abgehakt: Von einem Bochumer Professor hat sich Zimmermann bescheinigen lassen, dass Nebentätigkeiten sogar notwendig sind für einen Institutsleiter. Zimmermann selbst sprach von „Tätigkeiten, die sich aus dem Job des DIW-Präsidenten ergeben“. Das Thema Nebentätigkeiten ist aber auch im Bericht des Rechnungshofs nur eine Marginalie; sofern durch solche Tätigkeiten „die Interessen des DIW berührt werden können“, muss das Kuratorium des DIW die Nebentätigkeiten genehmigen. Und Zimmermann habe es offenbar versäumt, den Vorsitzenden des Kuratoriums „jährlich über die Nebentätigkeiten zu informieren“.

Der 57-jährige Zimmermann ist DIW- Präsident, Direktor des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), Verwaltungsratsvorsitzender des DIW DC, „Honorarprofessor an verschiedenen Universitäten, Vorsitzender bzw. Mitglied in Arbeitsgemeinschaften, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Kommissionen und Chefredakteur einer Fachzeitschrift“, heißt es im Bericht des Rechnungshofes. Deutlich intensiver als mit Zimmermanns diversen Jobs befassen sich die Prüfer mit dem Institut in Washington, das zwar unabhängig vom DIW ist, doch vom Berliner Institut Unterstützung und Aufträge bekommt. Die 2006 von Zimmermann gegründete Einrichtung in der US-Hauptstadt hat das DIW nach Ermittlungen der Prüfer bislang 900 000 Euro gekostet.

Was dieser Aufwand an Ertrag für das Berliner DIW brachte, bleibt indes offen, moniert der Rechnungshof und schießt dann scharf auf die Doppelrolle Zimmermanns: „Der Präsident hat als Vorsitzender des Verwaltungsrates von DIW DC mit sich selbst einen Vertrag abgeschlossen.“ Von unzulässigen „In-sich-Geschäften“ ist die Rede. Diese Auffassung, so retourniert Zimmermann den Vorwurf, sei „rechtlich falsch“. Er habe auf beiden Seiten nie Verträge unterschrieben; anders gesagt: Es gibt keinen Vertrag, bei dem auf beiden Seiten der gleiche Name steht. Und schon gar nicht Zimmermanns Name.

Die enormen Summen, die nach Washington flossen, seien „nicht zustimmungspflichtig“ gewesen, behaupten Zimmermann und sein Rechtsbeistand, weil das „programmungebundene Mittel“ seien, die unabhängig vom Zuwendungsgeber ausgegeben werden dürften. Alles in allem bewertete Zimmermann die Washingtoner Einrichtung als „innovatives Konzept“, da sie als wichtige Anlaufstelle für die Doktoranden des DIW diene. Und überhaupt sei Washington „der wichtigste Platz, wenn es um die Wissenschaft der Welt geht“.

Der Präsident sah sich in dem Zusammenhang auch veranlasst, Stellung zu nehmen zu Amelie Constant, der Leiterin des DIW DC. Auf den Fluren des DIW in der Berliner Mohrenstraße wird seit langem gemunkelt, Zimmermann und Constant seien liiert. „Wir haben eine strikt professionelle Beziehung“, sagte Zimmermann zu den Gerüchten und bat darum, „da nichts weiter hineinzugeheimnissen“. Das Jahresgehalt von 130 000 Dollar für Constant sei im Übrigen „eine gängige Vergütung für eine Leitungsstelle an einem Forschungsinstitut“.

Zimmermann verteidigte den Umzug des Instituts von Dahlem nach Mitte als „politische Entscheidung“, bei der auch Sicherheitsaspekte eine Rolle spielten. So habe es im abgelegenen Dahlem „zwei Terroranschläge“ in Form von Brandsätzen gegeben. Seitdem stehe er auch persönlich unter Polizeischutz. Zu den Feststellungen des Rechnungshofes, wonach eine Sanierung des Gebäudes in Dahlem und der Verbleib dort deutlich günstiger gewesen wäre als das neue Mietdomizil in Mitte, verwies Zimmermann auf die Zustimmung des Kuratoriums inklusive der Vertreter des Bundes und des Landes Berlin.

Insgesamt, so resümierte Zimmermann die Vorwürfe der Prüfer, habe ihn der Bericht „völlig unvorbereitet“ getroffen. Womöglich seien die Mitarbeiter des Rechnungshofes dem Irrtum aufgesessen, dass man Wissenschaft überhaupt prüfen könne. „Wir wurden evaluiert wie eine Druckerei, nicht wie ein Forschungsinstitut“, klagte der Präsident. In der Konsequenz habe sein „ Zutrauen in das Funktionieren von staatlichen Institutionen gelitten“.

Möglicherweise seien auch Schurken am Werk, die „den Präsidenten aus dem Amt mobben möchten“. Das habe er in den vergangenen zehn Jahren häufiger erlebt, „weil ich hier die Sanierungsaufgabe wahrgenommen habe“. Heute stehe das DIW gut da, nachdem er zu seinem Amtsantritt 2000 eine „Fehlstruktur des Personals, fehlende wissenschaftliche Ausrichtung, ein marodes Gebäude und eine unklare Finanzstruktur“ vorgefunden habe. Nun stehe er vor der vom Rechnungshof heraufbeschworenen Situation, dass „aus einem Erfolgsmodell eine Mittel-Fehlverwendung konstruiert wird“, sagte Zimmermann. „Man hat nicht verstanden, was wir hier eigentlich machen.“

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