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Wirtschaft: Dollarschwäche drückt die Gewinne deutscher Konzerne

Die meisten Unternehmen sind auf den Verfall der US-Währung nicht vorbereitet – einige Werte profitieren trotzdem vom Höhenflug des Euro

Frankfurt (Main) (scc/HB). Der Euro steigt und steigt – und bringt damit die Kalkulationen in den deutschen Großunternehmen für dieses Jahr durcheinander. Der gestiegene Wert der Einheitswährung schmälert häufig die Einnahmen aus dem wichtigen USGeschäft. Doch der gestiegene Wechselkurs ist nicht für jedes Unternehmen eine Belastung – ein hoher Eurokurs bringt einigen Konzernen unerwartete Gewinne.

Am Mittwoch stieg der Euro zeitweise auf 1,10 Dollar, den höchsten Wert seit März 1999. Später rutschte er wieder leicht auf 1,096 Dollar ab. Damit hat die US-Währung innerhalb eines Jahres gegenüber dem Euro 20 Prozent an Wert verloren. Einige Unternehmen beschäftigen sich bereits mit der Thematik, etwa Siemens und Altana. Auch beim Berliner Pharmahersteller Schering wird derzeit intensiv über das Währungsrisiko diskutiert. Bislang hatten viele Blue- Chip-Manager das Wechselkurs-Thema vernachlässigt und sich auf Währungs-Sicherungsgeschäfte verlassen. Dabei sorgen sie mit dem Kauf von Finanzmarkt-Produkten dafür, dass Kursschwankungen nicht zu stark auf die Bilanz durchschlagen – diese Geschäfte wirken allerdings nur innerhalb einer bestimmten Spanne.

Viele Analysten entwerfen nun Szenarien, was die Dollar-Schwäche für die weitere Entwicklung in diesem Jahr bedeutet. Diese ist wegen der labilen Wirtschaftslage ohnehin unsicher. Fünf Szenarien gilt es nach Angaben der Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt zu bedenken. Erstens die Transaktionskomponente: Hier geht es um Dollar-Umsätze von Waren, die im Euro-Raum hergestellt wurden. Ihre Erlöse sinken nun. Zweitens spielt die so genannte Translationskomponente eine Rolle: Diese betrifft in Amerika beheimatete Tochterfirmen deutscher Unternehmen, deren Umsatz und Gewinn im Konzernabschluss in Euro umgerechnet werden. Auch hier gilt: Der Beitrag zur Konzernbilanz sinkt.

Ein Vorteil ist dagegen drittens, dass die Preise für Rohstoffe in Dollar festgesetzt werden, was für die Industrie im Euro-Raum die Kosten senkt. Ein weiterer Vorteil ist viertens, dass viele Firmen ihre US-Aktivitäten mit Dollar-Krediten finanzieren. Zins und Tilgung verringern sich – gemessen am Euro-Gegenwert. Und fünftens gilt es für Analysten noch zu prüfen, welche Firmen sich ggen einen schwachen Dollar abgesichert haben.

Die vorläufige Bestandsaufnahme der Bankexperten ist eindeutig: Nur wenige Aktien werden von der Dollar-Schwäche profitieren, etliche indes leiden. Spurlos geht sie nur an wenigen vorbei wie an der Deutschen Börse oder Metro – Unternehmen, die fast ihren gesamten Umsatz in Euro einfahren.

Zu den wenigen Gewinnern zählt nach der Schätzung von HSBC vor allem der Sportartikel-Hersteller Adidas-Salomon. Die Franken zahlen 80 Prozent ihrer Herstellungskosten in Dollar, erlösen jedoch nur 40 Prozent der Einnahmen in der US-Währung. Eine Dollar-Abwertung von 20 Prozent wie derzeit würde das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) nach Berechnungen von Trinkaus-Stratege Volker Borghoff in diesem Jahr um zwölf Prozent steigern. „Das Unternehmen ist einer der größten Profiteure der derzeitigen Dollar-Schwäche“, heißt es auch bei der Bank ING-BHF. Hier gehen die Experten sogar davon aus, dass 85 Prozent der Herstellungskosten in Dollar anfallen.

Als weiterer Gewinner des schwächelnden Greenbacks gilt die Lufthansa. Die Fluggesellschaft hat bereits ein Szenario entworfen, wonach eine zehnprozentige Dollarabwertung innerhalb eines Jahres den Betriebsgewinn um 67 Millionen Euro erhöht. Für das erste Halbjahr hat sich die Kranich-Linie zudem gegen einen um 40 Prozent steigenden Ölpreis abgesichert. Erst wenn dieses Hedging jedoch ausläuft, sieht Borghoff erhebliche Risiken. Auch die Deutsche Telekom könnte seiner Ansicht nach von der Währungsentwicklung profitieren, da lediglich über die US-Mobilfunktochter Voicestream bedeutende Kosten und Umsätze in US-Dollar anfallen. Diese werden in der Bilanz des Geschäftsjahres 2002 zum Kurs von 1,0573 Dollar umgerechnet.

Schering im Nachteil

Zu den großen Verlierern zählen die Bereiche Chemie und Pharma. Schering nannte vergangenen Freitag die Faustregel, dass eine Veränderung des Euro/Dollar-Verhältnisses um 0,05 Euro das Nettoergebnis um ein Prozent verändern dürfte. Für das erste Quartal 2003 erwarten die Experten des Finanzdienstleisters Equinet einen negativen Einfluss auf das Nettoergebnis von drei Prozent. Trotzdem gilt die Aktie derzeit als immer noch unterbewertet. Bei BASF rechnet die Verwaltung ähnlich: Die Abwertung des Dollar um einen Cent schmälere das Vorsteuerergebnis (Ebit) um 17 Millionen Euro, heißt es. Das exzellente Ergebnis 2002 dürfte sich daher kaum wiederholen lassen.

Gegen Währungsrisiken sind viele Unternehmen derzeit noch abgesichert. Deswegen dürfte das langfristige Problem in einer verschlechterten Situation gegenüber US-Wettbewerbern liegen. Die Preisgestaltung für neue Aufträge wird auf alle Fälle schwieriger. Thyssen-Krupp beispielsweise könnte besonders betroffen sein, rechnet Experte Borghoff, aber auch Siemens und MAN.

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