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Drohende Insolvenz: Karstadt hat Mietzahlungen eingestellt

Die Situation des angeschlagenen Arcandor-Konzerns ist noch dramatischer als bislang bekannt. Die Unternehmenstochter Karstadt hat offenbar die Mietzahlungen für ihre Filialen gestoppt. Kanzlerin Merkel lehnt Staatshilfen für Arcandor ab.

Wie die Süddeutsche Zeitung und die Bild am Sonntag übereinstimmend berichteten, hat der Arcandor-Vorstandschef Karl-Gerhard Eick beim Krisentreffen im Wirtschaftsministerium mitgeteilt, dass der Konzern seine Mietzahlungen eingestellt habe. Damit setze ein 30-tägiges Mahnverfahren ein. Danach sei die Vermietungsgesellschaft dazu berechtigt, einzelne Karstadt- Filialen zu verkaufen, um ihre Ansprüche zu befriedigen.

Zu dem schwer angeschlagenen Reise- und Handelsunternehmen Arcandor gehören neben den Karstadt- Warenhäusern, der Quelle-Versand und der Reisekonzern Thomas Cook. Das Unternehmen hatte am Freitag einen Notkredit über 437 Millionen Euro beantragt. Arcandor droht nach eigener Aussage die Insolvenz, wenn die Finanzierung nicht bis zum 12. Juni sichergestellt ist. Dann läuft ein 650-Millionen-Euro-Kredit aus.

Seit dem Verkauf seiner Warenhäuser vor zwei Jahren ist Arcandor an allen seinen Standorten nur noch Mieter. Eigentümer nahezu sämtlicher Häuser ist seit zwei Jahren die Immobiliengesellschaft Highstreet. Laut Bild am Sonntag kündigten Highstreet-Vertreter wegen der Mietausfälle rechtliche Schritte gegen Karstadt an. Die Mietverträge haben eine Laufzeit von 15 Jahren, die Mietzahlungen summieren sich auf 280 Millionen Euro.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich inzwischen erneut gegen Staatshilfen für den Konzern aus. Im Gespräch mit der Bild am Sonntag warf sie der Arcandor-Führung ein "erhebliches Missmanagement mit äußerst ungünstigen Vertragsgestaltungen, zum Beispiel bei den Mietverträgen", vor. Merkel forderte ein stärkeres Engagement der Eigentümer und Gläubiger zur Rettung des Unternehmens. "Ich empfinde es aber als Zumutung, wenn Leute nach dem Staat rufen, die selbst etwas tun müssen."

Auch Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) machte dem Unternehmen wenig Hoffnungen auf eine staatliche Bürgschaft aus dem Deutschlandfonds. "Aber es bleibt die Möglichkeit, dem Unternehmen mit einer Rettungsbeihilfe unter die Arme zu greifen", sagte er dem Spiegel. Dies müsse jedoch von der EU-Kommission genehmigt werden. 

Guttenberg zufolge wäre jede staatliche Hilfe an strenge Auflagen geknüpft. Es gebe eine "Liste von etwa zehn harten Punkten". "Die Eigentümer des Unternehmens müssen nachprüfbar bereit sein, ihr Eigenkapital zu erhöhen", sagte der Minister. Zudem sei ein "Stillhalteabkommen der Gläubigerbanken" nötig. Eigentümer und Banken müssten auf diese Weise "dokumentieren, dass sie von der Zukunftsfähigkeit des Konzepts überzeugt sind".

Der Minister ließ Zweifel daran erkennen, dass Arcandor ernsthaft Gespräche etwa über eine Fusion von Karstadt mit der zu Metro gehörenden Kaufhof-Kette führe. "Ich rate sehr dazu, diese Option ernsthaft zu prüfen", sagte Guttenberg. "Es wäre sehr positiv, wenn man das Gefühl bekäme, dass Arcandor über Lippenbekenntnisse hinausgehend zielführend mit Investoren über Konzepte redet." Der Rivale Metro wirbt für ein Konzept, das die Übernahme von 60 der 90 Karstadtfilialen vorsieht.

Unterdessen signalisierte der Hamburger Versandhandelskonzern Otto Interesse an einzelnen Konzernteilen. Sollte es eine privatwirtschaftliche Lösung bei Arcandor geben, so wäre die Otto Group sicher Teil dieser Lösung, sagte ein Konzernsprecher der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag. Otto sei insbesondere an den Sportfilialen der Karstadt-Gruppe interessiert.

Metro-Chef Eckhard Cordes will Berichten zufolge 60 der 91 Karstadt-Filialen mit der Warenhaussparte Kaufhof des Düsseldorfer Handelskonzerns verschmelzen. Zu den 27 Sporthäusern von Karstadt hatte sich Cordes noch nicht geäußert. Zudem zeige der Handels- und Touristikkonzern Rewe (Rewe, Alltours, Dertours) Interesse an Arcandors Reisetochter Thomas Cook.

Wie der Spiegel berichtet, arbeitet der Reisekonzern an einem weiteren Sparprogramm. Die Geschäftsführung des deutschen Ablegers habe dazu Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufgenommen. Damit sollten vor allem die Personal-, Vertriebs- und EDV-Kosten in den kommenden beiden Jahren um einen zweistelligen Millionenbetrag gesenkt werden.

ZEIT ONLINE, sh, dpa, Reuters

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