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Wirtschaft: Droht Deutschland die Deflation?

Bundesregierung, Bundesbank, BDI und Sprecher der Fünf Weisen sehen keinen Preisverfall – IWF und DIW warnen davor

Berlin/Wiesbaden (Tsp). Bundesregierung, Industrievertreter, Wirtschaftsforscher und die Bundesbank haben am Montag der Einschätzung des Internationalen Währungsfonds IWF widersprochen, in Deutschland bestehe akute Deflationsgefahr (siehe Lexikon). Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, er sehe nicht, dass die Preise in Deutschland dauerhaft sinken. Die Regierung stimme mit der Sichtweise des Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung („Fünf Weise“), Wolfgang Wiegard, überein. Dieser hatte zuvor gesagt, er sehe „übergroße Deflationsgefahren eigentlich nicht“. Es gebe aber gewisse Risiken, die Inflationsrate liege zurzeit bei einem Prozent. „Ich kenne niemanden, der in Erwartung weiter fallender Preise Kaufentscheidungen zurückhält“, sagte BundesbankPräsident Ernst Welteke der „Welt“. Noch immer steige die um Energiepreise bereinigte Inflationsrate in Europa. „Von daher sehe ich keine deflationären Gefahren – weder für Europa noch für Deutschland.“

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte am Wochenende hingegen davor gewarnt, angesichts der Wachstumsschwäche sei das Deflationsrisiko in Deutschland hoch. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bekräftigte am Montag seine Warnung vor Gefahren eines Preisverfalls. Konjunkturexperte Gustav-Adolf Horn sagte, er teile die Einschätzung, „dass in Deutschland alle Ingredenzien für eine Deflationsentwicklung vorhanden sind“.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist anderer Meinung. „Deflationäre Tendenzen gibt es höchstens auf Teilmärkten, nicht aber in der Wirtschaft als Ganzes“, erklärte der BDI. Zwar durchlebe die deutsche Wirtschaft das dritte Stagnationsjahr in Folge und die Lage am Arbeitsmarkt sei katastrophal. „Dies sollte jedoch nicht zu dem Schluss verleiten, Deutschland stünde bereits vor einer Deflation“, so der BDI. Steigende Löhne, Preise, Staatsausgaben und - verschuldung widerlegten dies.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind die Erzeugerpreise in Deutschland wegen des niedrigen Ölpreises und der schwachen Baukonjunktur auf dem Rückmarsch. Im April 2003 lag das Preisniveau nur noch um 1,6 Prozent über dem Vorjahreswert. Im März hatte das Plus noch 1,7 und im Februar 1,9 Prozent betragen.

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