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Wirtschaft: Düvel: Verlängerung der Arbeitszeit ist Schwachsinn

Der ostdeutsche IG-Metall-Chef wirbt für flexible Arbeitszeiten und kritisiert die Diskussion über Sonderwirtschaftszonen

Berlin (alf). Der ostdeutsche IGMetall-Chef Hasso Düvel hat die Diskussionen um den Aufbau Ost und eine Sonderwirtschaftszone scharf kritisiert. „Der Standort wird nicht dadurch attraktiv, dass er runtergeredet wird“, sagte Düvel dem Tagesspiegel. Die Angleichung der Tariflöhne an Westniveau hat nach Einschätzung des Gewerkschafters keine negativen Auswirkungen gehabt. „Wenn die Höhe der Löhne für Investitionen entscheidend wäre, dann müssten wir in Ostsachsen, wo die Menschen zum Teil für fünf Euro arbeiten, jede Menge Unternehmen haben. Das ist aber nicht der Fall“, sagte Düvel.

Großbetriebe wie VW in Sachsen hätten im Übrigen nur eine Lohnquote von knapp sieben Prozent, sodass die Arbeitskosten vernachlässigbar seien. Eine Verlängerung der Arbeitszeit bezeichnete Düvel als „Schwachsinn“, weil die Arbeitslosigkeit noch größer würde. Dagegen habe die IG Metall nichts gegen flexible Arbeitszeiten, um eine optimale Nutzung der Fabriken zu ermöglichen. Im neuen BMW-Werk in Leipzig sei es möglich, bis in den Sonnabend zu arbeiten und bereits am Sonntagabend wieder zu beginnen.

Die Misere im Osten, wo es nur halb so viel Industrie wie im Westen gibt, hänge mit der Arbeit der Treuhandanstalt zusammen. „Treuhandpräsidentin Birgit Breuel hat’s verrissen.“ Bei den meisten Firmen und Kombinaten sei das Herzstück abgetrennt und verkauft worden, „der Rest ist dann kaputt gegangen“. Als ein gelungenes Beispiel für die Sanierung und anschließende Privatisierung nannte Düvel die Deutsche Waggonbau AG (DWA). Bei diesem Unternehmen hätten unter anderem Siemens und AEG einzelne Werke übernehmen wollen. Stattdessen wurde das Unternehmen komplett an den kanadischen Bombardier-Konzern verkauft. Auch bei Eko in Eisenhüttenstadt sei die Politik erfolgreich gewesen. Das Stahlwerk sei „erst runtergeschrumpft, dann technisch aufgemöbelt und schließlich verkauft worden“. Alles in allem wurde Eko, wo heute rund 3200 Personen arbeiten, mit zwei bis 2,5 Milliarden Mark vom Steuerzahler unterstützt.

Dagegen habe die Treuhand im Raum Chemnitz besonders verheerend gewirkt, dort wurde der zusammenhängende und durchaus moderne Textilmaschinenbau zerschlagen. „Die einzelnen Betriebe waren aber nicht wettbewerbsfähig“, sagte der Bezirksleiter der IG Metall von Berlin, Brandenburg und Sachsen dem Tagesspiegel.

Ein wesentliches Element des Aufbau Ost sind für Düvel industrielle Kooperationen. Allerdings sei das schwieriger als im Westen, da viele Ostfirmen in einem anderen Unternehmen eher einen Gegner als einen möglichen Partner sehen würden. Ein gut funktionierendes Netzwerk sei seit 1997 in Rathenow auf Initiative der IG Metall und des brandenburgischen Wirtschaftsministers entstanden. Inzwischen beschäftigten sich in dem Ort rund 25 Unternehmen mit der Herstellung von Brillen und allem Drumherum. „Was Brillengläser anbelangt, haben die in Zeiss aufgeholt“, sagte Düvel. Die Firmen organisierten gemeinsam Messeauftritte, teilten sich Forschungsaufwendungen und stimmten sich bei der Weiterbildung ab. „Ohne diese Kooperation gäbe es dort heute nur noch drei oder vier Betriebe“, glaubt der Metaller. Auch angesichts der EU-Erweiterung „müssen wir Ostdeutschland zum High-Tech-Standort machen“, sagte Düvel. Aber die Aufwand für Forschung und Produktentwicklung „geht nur in Verbünden“.

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