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EADS-Eurofighter steht Kopf. Aus der Fusion der beiden Rüstungskonzerne wird nichts.

© dapd

Update

EADS-BAE: Bundesregierung zufrieden mit Scheitern der Rüstungsfusion

Die Fusion zwischen den Luftfahrt- und Rüstungskonzernern EADS und BAE ist geplatzt, weil die deutsche Bundesregierung nicht wollte. Für den unfreiwilligen Großaktionär Daimler könnte das eine Chance sein.

Fast wirkte es ein wenig trotzig, wie die Beinahe-Partner auf das Scheitern der Fusionsgespräche reagierten. Er sei zuversichtlich, dass EADS seinen Wachstumskurs fortsetzen werde, ließ sich Tom Enders, Chef des deutsch-französischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS am Mittwoch zitieren. Auch Ian King, sein Gegenüber am Verhandlungstisch und verantwortlich für den britischen Waffenhersteller BAE, tat so, als handele es sich lediglich um eine gestrichene Fußnote. „Wir haben eine exzellente Strategie, und dies wäre ein Zusatz dazu gewesen, kein Ersatz“, sagte King in einer Telefonkonferenz.

In Wahrheit werden beide eine Weile brauchen, um das krachende Ende der vor knapp einem Monat begonnenen Fusionsverhandlungen zu verkraften. Schließlich ging es nicht nur darum, zum größten Rüstungsunternehmen der Welt aufzusteigen, sondern damit gleichzeitig den US-Konkurrenten Boeing zu übertrumpfen. EADS verfügt in Deutschland über 29 Standorte mit fast 50 000 Beschäftigten. Im Falle eines Zusammenschlusses mit BAE Systems wäre ein Branchenführer mit einem Umsatz von 72 Milliarden Euro und weltweit 220 000 Beschäftigten entstanden. Zum Vergleich: Boeing erlöst 54 Milliarden Euro im Jahr und beschäftigt 165 000 Mitarbeiter.

Für EADS-Chef Enders ging es darum, das Rüstungsgeschäft für die kommenden Jahre auf sichere Füße zu stellen. Angesichts der Verkleinerung der Bundeswehr hatte er in der Vergangenheit auch schon mal damit gedroht, Cassidian, die Konzerntochter in der große Teile des Rüstungsgeschäfts gebündelt sind, zu verkaufen. Es fehle die Perspektive, wenn die Bundeswehr als wichtigster Kunde den Beschaffungsetat immer weiter kürze.

Die gescheiterte Verschmelzung der beiden Unternehmen wird in Verhandlungskreisen vor allem der Bundesregierung angekreidet. „Es hat nicht geklappt, weil die Deutschen blockiert haben“, zitiert die Nachrichtenagentur AFP einen nicht namentlich genannten Informanten. Bereits zu Beginn der Gespräche Mitte September hatten Insider über Vorbehalte in der Bundesregierung berichtet. Hintergrund ist offenbar die Sorge in der schwarz-gelben Koalition, dass der deutsche Einfluss bei einer Fusion gelitten hätte. Der ursprüngliche Fusionsplan sah nämlich vor, dass die Regierungen zwar weiterhin Einspruchsmöglichkeiten bei künftigen wegweisenden Entscheidungen gehabt hätten. Jede Regierung für sich hätte aber weniger zu sagen gehabt.

Während bei EADS Deutschland und Frankreich direkt und indirekt über jeweils gut 22 Prozent der Anteile verfügen, hätten in dem neuen Unternehmen die EADS-Eigentümer 60 Prozent, und BAE 40 Prozent der Anteile kontrolliert. In Medienberichten hieß es zudem, dass die deutsche Seite mit der überraschenden Forderung, die Firmenzentrale von EADS-BAE in München anzusiedeln, die übrigen Verhandlungspartner vergrätzt habe.

Mit seiner Reaktion auf das Scheitern trägt der deutsche Koordinator für Luft- und Raumfahrt, Peter Hintze (CDU), nicht unbedingt dazu bei, diese Gerüchte zu entkräften. „Ich bin davon überzeugt, dass EADS seine Stärken am besten selbstständig auf dem Weltmarkt zur Geltung bringen kann“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch. „Davon profitieren auch die deutschen EADS-Standorte und die mittelständischen Zulieferer.“

Profitieren könnte auch Daimler. Denn die Verhandlungen der vergangenen Monate waren aus Sicht des Autoherstellers eigentlich nur lästig. 22,5 Prozent halten die Stuttgarter an dem europäischen Unternehmen – auf Wunsch der deutschen Politik. Daimler-Chef Dieter Zetsche wollte stets raus aus EADS und hatte mit der bundeseigenen KfW bereits vor Beginn der Fusionsverhandlungen einen Käufer für ein 15-Prozent-Paket an der Airbus-Mutter. Der Fusionsplan von Tom Enders sah hingegen vor, dass Daimler seine Aktien im Verhältnis 60 zu 40 mit BAE tauscht und dann vorwiegend über die Börse verkauft. Zähneknirschend zog Daimler im Verwaltungsrat der EADS zunächst mit.

Dann jedoch distanzierte sich Zetsche in der heißen Phase öffentlich von dem Vorhaben: Er sei für die Neuordnung der Industrie nicht zuständig. Nun kann Daimler wieder mit der Bundesregierung verhandeln. Zwar hat das Aktienpaket von Daimler in den vergangenen Wochen gut 15 Prozent an Wert verloren, aber ein Teil der Verluste wurde bereits am Mittwoch wieder aufgeholt. Viel wichtiger für die Stuttgarter ist aber, dass jetzt die Bundesregierung ihre Plätze im EADS- Verwaltungsrat besetzen wird. Nach 30 Jahren Luftfahrtgeschichte ist Daimler dann wieder nur noch eine Hersteller von Autos und Lastwagen. (mit HB/dpa/rtr)

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