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Wirtschaft: EADS-Doppelspitze auf Bewährung

Das sorgfältig austarierte Gleichgewicht zwischen Deutschland und Frankreich ist in Gefahr

München - Nach dem angekündigten Rücktritt von EADS-Ko-Chef Rainer Hertrich steht das Unternehmen vor einem Umbau der Führungsspitze. Auch die bestehenden Strukturen des deutsch-französisch-spanischen Gemeinschaftsunternehmens dürften sich nach Ansicht von Branchenkennern verändern. Es gibt Befürchtungen, dass das Unternehmen stärker unter französischen Einfluss gerät.

In einem Brief an die EADS-Mitarbeiter teilte Hertrich am Montag mit, er habe sich schon im Frühsommer entschieden, kein zweites Mal als Ko-Chef zur Verfügung zu stehen. Damals seien „die Wogen hinsichtlich der künftigen Führung der EADS noch nicht erkennbar“ gewesen. Er sei der Meinung, die erfolgreiche Führung der EADS lasse sich nicht ohne weiteres in der gleichen Konstellation beliebig verlängern. „Jetzt ist es daher an der Zeit, die Weiterentwicklung des Konzerns und die Zusammenführung der unterschiedlichen Sichtweisen darüber einem anderen zu überlassen“, schrieb Hertrich.

In den vergangenen Wochen war ein heftiger Streit darüber entbrannt, wer nach dem Auslaufen der Verträge von Hertrich und dem Franzosen Philippe Camus Ende Juni 2005 die Führung bei EADS übernehmen sollte. Während sich Hauptaktionär Daimler-Chrysler vehement für die Fortsetzung einer Doppelspitze einsetzte, versuchten französische Regierungskreise den ehrgeizigen Airbus-Chef Noël Forgeard als künftigen alleinigen EADS-Chef durchzusetzen. Dabei soll Staatspräsident Jaques Chirac persönlich massiven Druck auf den Lagardère-Konzern ausgeübt haben, der ebenfalls an EADS beteiligt ist und eine enge Verbindung zu Ko-Chef Camus hat.

Auf den Widerstand von Daimler-Chrysler hin soll es nun zunächst bei einer Doppelspitze bleiben. Als Nachfolger Hertrichs steht Branchenkreisen zufolge bereits Thomas Enders, Chef der EADS-Verteidigungssparte, fest. Der 45-Jährige ist ein Schützling von Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp und Ko-Aufsichtsratschef Manfred Bischoff. Hertrich hat die Ernennung von Enders inzwischen bestätigt. „Tom Enders wird das machen“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Am Mittwoch wollen dem Vernehmen nach die französische Regierung und Lagardère entscheiden, ob künftig Forgeard oder Camus den französischen Part der Doppelspitze stellen wird. Unternehmensbeobachter gehen davon aus, dass die Nominierung Forgeards so gut wie sicher ist und Hertrich deshalb geht.

EADS-Kenner meinen, dass das Unternehmen jetzt aufpassen muss, „nicht nach und nach zu einem französischen Konzern zu werden“. Forgeard hatte sich für die Fusion von EADS mit dem französischen Rüstungskonzern Thales eingesetzt. Vorstellbar sei auch, dass Forgeard als Ko-Chef versuchen werde, sein deutsches Pendant später herauszudrängen.

Nicole Huss

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