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Wirtschaft: Easyjet fordert kleineren Flughafen

Der Billigflieger will im alten Terminal in Schönefeld bleiben. Wowereit hält das für „Gebührenpoker“

Berlin - Der britische Billigflieger Easyjet will auch nach dem Bau des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) im alten Terminal in Schönefeld bleiben. Der neue Flughafen erfülle nicht die Anforderungen der Billigflieger an eine schnelle und kostengünstige Abfertigung, sagte Deutschland-Direktor John Kohlsaat am Montag, gut eine Woche vor dem ersten Spatenstich. Er bestritt, dass die mit 2,5 Millionen Passagieren im vorigen Jahr größte Fluggesellschaft in Schönefeld mit einem Rückzug gedroht habe.

„Der BBI droht, ein Milliardengrab und ein leerer Glaspalast zu werden, zu groß, zu lange Wege und zu teuer“, sagte Kohlsaat. Das Konzept sei 20 Jahre alt und stamme aus einer Zeit, als an die Billigflieger noch nicht zu denken war. Nach seinen Angaben drohen den Passagieren im Neubau um bis zu 750 Meter längere Wege. Die Zahl der fußläufig erreichbaren Flugzeugpositionen sei mit zehn viel zu gering, und die Bodenzeit der Maschinen erhöhe sich von 30 auf 50 Minuten. Damit sei pro Tag und Jet künftig ein Flug weniger realisierbar. Die Folge seien höhere Kosten und höhere Preise für die Passagiere. Daher sei statt mit dem erwarteten Anstieg auf 38,6 Millionen Fluggäste bis 2016 mit einem Rückgang auf 16,1 Millionen zu rechnen. Im vergangenen Jahr wurden an den drei Berliner Flughäfen 17,2 Millionen Passagiere gezählt.

Easyjet will erst vor einem halben Jahr erfahren haben, dass ein Parallelbetrieb im alten Terminal nicht vorgesehen ist. Seitdem habe man mit dem Flughafen und den Gesellschaften ergebnislos verhandelt. An anderen Flughäfen wie Madrid, Mailand oder Paris seien die Billigflieger nach dem Bau neuer Abfertigungsgebäude auch in den alten Terminals geblieben, erklärte Kohlsaat. Berlin habe die Chance, statt „dem teuersten Flickenteppich der Welt“ einen Weltklasseflughafen zu bauen, an dem die Low-Cost- Carrier ebenso wie die traditionellen Airlines optimale Bedingungen finden könnten, sagte Firmensprecher Oliver Aust. Nach den Vorstellungen der Gesellschaft könnte das neue Terminal in deutlich abgespeckter Form gebaut werden. Den Airlines soll dann überlassen werden, ob sie die alte oder die neue Anlage nutzen wollen. Davon abhängig, sollte jeder nur die flexiblen Kosten für Leistungen zahlen, die er tatsächlich in Anspruch nimmt.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) signalisierte Entgegenkommen. „Wer weniger Komfort hat, wird weniger zahlen müssen“, sagte er am Montagabend beim 16. Unternehmertag der Unternehmerverbände von Berlin und Brandenburg. Man werde mit allen Fluggesellschaften sprechen und notfalls auch mehr fußläufig erreichbare Positionen schaffen. Die Haltung von Easyjet müsse man sehr ernst nehmen. „Aber wir können einen Flughafen nicht nur nach den Bedürfnissen einer Fluggesellschaft bauen“, sagte Wowereit. „Bei allem Verständnis für Gebührenpokerei, irgendwann ist eine Grenze erreicht.“

Auch der Marketing-Chef der Berliner Flughäfen, Burkhard Kieker, kündigte weitere Gespräche an. Man hoffe, Easyjet noch vom – im Laufe der Jahre bereits abgespeckten – BBI-Konzept zu überzeugen. Aufgrund der Gespräche mit den Billigfliegern war ein Flügel des geplanten Neubaus in den letzten Monaten schon nach deren Bedürfnissen umgeplant worden. Tatsächlich werden dort laut Kieker 26 Flugzeugparkplätze von den Passagieren zu Fuß erreichbar sein. Andere Billigflieger hätten das Konzept gelobt.

Bis zur geplanten BBI-Eröffnung 2011 wird mit 22 Millionen Passagieren pro Jahr gerechnet. Bei einem erwarteten Billigflieger-Anteil von 70 Prozent würde dem Neubau weitgehender Leerstand drohen, falls andere Airlines dem Beispiel der Briten folgen.

Die Lufthansa wandte sich gegen die Forderungen von Easyjet. „Es kann nur einen geben – nämlich den BBI, der die drei bisherigen Flughäfen Tegel, Tempelhof und BBI-alt ersetzt“, sagte der Berliner Unternehmenssprecher Wolfgang Weber. Der derzeitige Terminal für Billigflieger in Schönefeld sei als Provisorium gebaut worden und könne keine Dauerlösung sein. Allerdings erwarte die Lufthansa auch, dass BBI „kostenbewusst gebaut wird und wettbewerbsfähig ist mit seinen Gebühren“. Nur so habe BBI auch eine Chance, einen lukrativen Teil des internationalen Luftverkehrs anzuziehen. Die derzeitigen Pläne bereiteten der Lufthansa keine Probleme – auch nicht dem konzerneigenen Billigflieger Germanwings. Ähnlich hatte sich auch Air Berlin geäußert.

Rainer W. During[Bernd Hops], Moritz Döble

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