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Wirtschaft: Eichel will Steuer auf Jahreswagen abschaffen

Die Mitarbeiter der deutschen Autohersteller werden vermutlich nach der Bundestagswahl weniger Steuern zahlen müssen. Bundesfinanzminister Hans Eichel kündigte am Donnerstag an, die Abschaffung der Steuer auf Jahreswagen prüfen zu wollen.

Die Mitarbeiter der deutschen Autohersteller werden vermutlich nach der Bundestagswahl weniger Steuern zahlen müssen. Bundesfinanzminister Hans Eichel kündigte am Donnerstag an, die Abschaffung der Steuer auf Jahreswagen prüfen zu wollen. Damit folgt Eichel seinem Chef Gerhard Schröder, der zu Beginn der Woche auf einer BMW-Belegschaftsversammlung versprochen hatte, die 1990 eingeführte Besteuerung werde überprüft. Die Rabatte, die die Hersteller beim Kauf eines Neuwagens ihren Mitarbeitern gewähren, müssen diese als geldwerten Vorteil ( siehe Lexikon ) in der Steuererklärung angeben. Allerdings gibt es einen hohen Freibetrag sowie diverse Abschläge, mit denen die Steuerlast erträglicher wird. Diese Vorteile verursachen nach dem Subventionsbericht der Bundesregierung in diesem Jahr Steuerausfälle von 72 Millionen Euro.

Eine Modellrechnung für einen VW-T4-Minivan: Der Hersteller gibt für den Transporter eine unverbindliche Preisempfehlung von 36 000 Euro. Davon wird ein "Händlerabschlag" von 6,5 Prozent abgezogen, also rund 2300 Euro und eine "Auslieferungspauschale" (etwa 300 Euro) draufgeschlagen. Von dem sich daraus ergebenden "Hauspreis Händler" werden nun vier Prozent "Bewertungsabschlag" wiederum subtrahiert. Unterm Strich steht nun ein Preis von rund 32 500 Euro, den ein normaler Kunde beim Autohändler zahlen würde. Der VW-Mitarbeiter bekommt das Auto von seinem Arbeitgeber aber für 28 500 Euro; er zahlt also 4000 Euro weniger, die als geldwerter Vorteil versteuert werden müssen. Von diesen 4000 Euro wird wiederum ein steuerlicher Freibetrag von 1224 Euro abgezogen. So bleiben schließlich 2776 Euro, die gewissermaßen dem Gehalt des VW-Mitarbeiters zugeschlagen werden und mithin voll steuer- und abgabenpflichtig sind.

Als die Bundesregierung Ende der 80er Jahre diese Besteuerung der Jahreswagen plante, gab es großes Entsetzen bei den Herstellern. Mercedes-Benz zum Beispiel gab und gibt seinen Leuten einen Rabatt von gut 20 Prozent und prophezeite damals, die Steuer könnte den Absatz von Jahreswagen halbieren, "etliche tausend Arbeitsplätze in der Autoindustrie" seien gefährdet. Ganz so schlimm kam es dann doch nicht, denn sonst würde Mercedes wohl kaum Angaben über die Zahl der verkauften Jahreswagen verweigern. Weniger zurückhaltend ist der VW-"Jahreswagenverein". Früher seien allein von der Marke VW in jedem Jahr 90 000 Fahrzeuge an Mitarbeiter verkauft worden, heute nur noch 60 000. Mit ähnlichen Zahlen operiert der Verband der Autoindustrie und stellt die Bedeutung des Jahreswagen-Vertriebs heraus. Mit 175 000 Fahrzeugen sind immerhin rund fünf Prozent der jedes Jahr in Deutschland neu zugelassen Autos Jahreswagen. Die angekündigte Steuerbefreiung wird vom Verband selbstverständlich begrüßt: "Ein wichtiger Ansatzpunkt, um auch konjunkturell ein Signal zu setzen", sagt VDA-Sprecher Eckehart Rotter.

Mit dem Verkauf eines Jahreswagens verdient sich mancher Autoarbeiter eine hübsche Summe nebenher - wenn er beim Kauf nicht zu viel Steuern gezahlt hat, denn den Freibetrag von 1224 Euro kann er nur einmal im Jahr geltend machen. Ein reger Handel mit Jahreswagen wird also ab dem zweiten Fahrzeug pro Jahr unattraktiv. Umgekehrt dürften die Mitarbeiter nach der Abschaffung der Besteuerung wieder stärker als Händler in Erscheinung treten. So bieten in Wolfsburg VW-Mitarbeiter jeden Sonnabend bis zu 2000 Autos auf einem Jahreswagen-Markt an.

alf

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