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© dpa

Eier: Kuckuckseier im Osterkorb

Immer mehr Eier werden nach Deutschland importiert. Denn durch die Abschaffung der Käfighaltung ist die Produktion gesunken.

Berlin - Ostern werden nicht nur Unmengen von Schokolade verspeist, sondern auch fast doppelt so viele Eier wie sonst gegessen: Normalerweise verzehren die Deutschen im Schnitt vier Eier pro Woche, Ostern sind es sieben.

Dabei kommen immer mehr der hier verkauften Eier nicht mehr von Hühnern aus Deutschland. 2009 wurden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sieben Milliarden Eier importiert, rund eine Milliarde mehr als noch ein Jahr zuvor. Die meisten werden aus den Niederlanden, einige auch aus Belgien und Polen eingeführt, weil die deutsche Eierproduktion im vergangenen Jahr geschrumpft ist. Nach Angaben der Statistiker war 2009 jedes dritte in Deutschland verzehrte Ei importiert. Der Deutsche Bauernverband geht sogar davon aus, dass derzeit nur rund die Hälfte der Eier aus heimischer Produktion stammen.

Den Produktionsrückgang begründet das Statistische Bundesamt mit dem Verbot der konventionellen Käfighaltung seit Januar dieses Jahres: „Die einheimischen Betriebe haben im Laufe des Jahres 2009 umgerüstet, dadurch weniger Legehennen gehalten und etwa eine Milliarde weniger Eier produziert als im Jahr 2008.“ Denn das Verbot zwingt die Produzenten, die alten Drahtkäfige der Legebatterien umzubauen: Die Hennen haben nun in Deutschland statt 550 Quadratzentimetern – in etwa ein DIN-A-4-Blatt – 800 Quadratzentimeter Platz, dazu erhalten sie Nester und Sitzstangen. Kleingruppenhaltung nennt sich die neue Form. Bisher haben nur Deutschland und Österreich die Käfighaltung abgeschafft, EU- weit wird sie ab 2012 verboten.

Der Deutsche Bauernverband beziffert den Rückgang der Tierbestände im vergangenen Jahr auf rund 15 Prozent. „Die meisten Betriebe mit Käfighaltung haben nicht auf Kleingruppen, sondern auf Bodenhaltung umgestellt. Das führt zu niedrigeren Tierbeständen“, sagte der Sprecher des Deutschen Bauernverbandes, Michael Lohse. Zudem hätten viele kleine Betriebe eine Umstellung nicht schultern können. Den Rückgang bestätigt auch das Statistische Bundesamt. Der Bestand an Legehennen in Betrieben ab 3000 Tieren sei von 31,7 Millionen im Jahr 2008 auf derzeit 26,8 Millionen gesunken. 2009 habe es auch erstmals mehr Legehennen in der Bodenhaltung als in der Käfighaltung gegeben.

„Die Produktionskosten bei Boden- und Kleingruppenhaltung sind ähnlich“, sagt Caspar von der Crone von der Europäischen Vereinigung der Eier-, Wild- und Geflügelwirtschaft (Epega). Viele Betriebe hätten nun auf Bodenhaltung umgestellt, weil der Handel kaum noch Käfigeier verkaufe. „Die Verbraucher wollen solche Eier nicht“, sagt von der Crone.

Die meisten Deutschen greifen tatsächlich nicht mehr zu Käfigeiern. Nach Angaben der Agrarmarkt-Informationsgesellschaft lag der Anteil der gekauften Eier aus Legebatterien Anfang 2008 noch bei rund 40 Prozent, Anfang dieses Jahres waren es noch knapp zehn Prozent. Knapp 60 Prozent der Deutschen entscheiden sich im Supermarkt heute für Bodenhaltung. Allerdings werden nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums nur die Hälfte der Eier von Verbrauchern gekauft, 50 Prozent werden in der Industrie, in Großküchen und Bäckereien weiterverarbeitet. Ob in Kuchen oder Nudeln die günstigeren Eier aus Legebatterien stecken, kann der Verbraucher jedoch nicht erkennen. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) stammen die in Fertigprodukten verarbeiteten Eier überwiegend aus Käfighaltung.

Der Deutsche Bauernverband sieht in diesem Bereich einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Bauern. „Es wäre besser für unsere Betriebe gewesen, alle in der EU hätten ab diesem Jahr den Käfig verboten“, kritisiert Lohse. Zudem sollten bei Importen die gleichen Bedingungen gelten und keine Eier aus Legebatterien mehr eingeführt werden, sagt Lohse. Denn die Industrie könnte einfach weiter die günstigeren Käfigeier beziehen – aus dem Ausland.

Im Supermarkt wird es weiter die gleiche Kennzeichnungen für Eier geben. Die aufgestempelte Ziffer 0 steht für ökologische Produktion, eine 1 weist auf Freilandhaltung hin, eine 2 auf Bodenhaltung, eine 3 auf Käfighaltung. Auch die Eier, die nun aus Kleingruppenhaltung stammen, tragen weiterhin die 3. Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums müssen sie auch weiter als Eier aus Käfighaltung ausgewiesen werden.

Aus Sicht der Verbaucherschützer ändert sich deshalb für die Konsumenten durch das Verbot kaum etwas. „Die Leute haben schon vorher mit den Füßen gegen die Käfighaltung gestimmt“, sagt Silke Schwartau, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. „Wenn sie sich entscheiden könnten, würden viele eher ein paar Cent mehr ausgeben, wenn sie wüssten, dass dafür die Tiere weniger leiden mussten“, sagt Schwartau. Die Kleingruppenhaltung sei zwar besser als die alte Käfighaltung. „Doch wir bleiben bei unserer Aussage ,Kauf kein Ei mit 3’.“ Der Verbraucher hat aber nicht immer eine faire Wahl: Bei gefärbten Eiern oder Produkten wie Nudeln gibt es bisher keine Kennzeichnungspflicht. Der Verband Epega, Umweltverbände wie der BUND und Verbraucherschützer fordern daher, dass auch auf den Verpackungen ausgewiesen wird, aus welcher Haltung die verarbeiteten Eier stammen.

2012 soll auch in den anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Käfighaltung verboten werden. Polen hatte noch im Februar versucht, längere Übergangsfristen für seine Bauern zu verhandeln. „Der Einbruch wird auch in den anderen Ländern kommen, aber zeitverzögert“, sagt Bauernverbands-Sprecher Lohse. Das Statistische Bundesamt geht davon aus, dass sich die Eierproduktion in Deutschland im kommenden Jahr wieder erholen wird.

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