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Wirtschaft: Ein Kabel - drei Funktionen

KÖLN .Ab Anfang 1999 können sich 12 000 Kölner entscheiden, ob sie Telefon und Computer am Kabelfernsehstecker anschließen wollen.

KÖLN .Ab Anfang 1999 können sich 12 000 Kölner entscheiden, ob sie Telefon und Computer am Kabelfernsehstecker anschließen wollen.Denn dann hat die Netcologne Gesellschaft für Telekommunikation GmbH das Fernsehkabel so aufgerüstet, daß neben 50 TV-Programmen zusätzlich telefoniert und im Internet gesurft werden kann.Die Tochtergesellschaft des lokalen Energieversorgers GEW sowie der Stadtsparkasse und Kreissparkasse Köln will das Breitbandkabelnetz als Alternative zum Telefonnetz aufrüsten.Netcologne-Geschäftsführer Werner Hanf sieht darin eine weitere Chance, der Deutschen Telekom AG Kunden im Ortsnetz abzujagen.

Ähnliche Pläne hat der Citycarrier Telenec in Neustadt bei Coburg, der noch in diesem Jahr mit "Cablephone" starten wird.Neben Netcologne und Telenec sind etwa zehn weitere lokale Telefongesellschaften der Anga, dem Verband privater Kabelnetzbetreiber, beigetreten.Außerdem planen Kabelnetzbetreiber wie die Augsburger EWT/TSS-Gruppe ab Ende dieses Jahres vergleichbare Angebote.

Bisher hat Netcologne, die in Köln 300 Mill.DM in eine neue Glasfaser- Infrastruktur investiert, 20 000 Telefonkunden.Von ihnen sind 3500 über Netcologne-Leitungen angeschlossen.Die übrigen hängen physisch weiter am Telefondraht der Telekom, den Netcologne von der Telekom gemietet hat.So kann Hanf seit Anfang des Jahres seinen Dienst flächendeckend anbieten und das eigene Netz "den Kunden hinterherbauen".

Vor zwei Jahren hat Netcologne begonnen, parallel zum neuen Telefonnetz auch Breitbandkabel fürs Fernsehen zu verlegen.40 000 Haushalte versorgt das Unternehmen inzwischen mit Fernsehen, 20 000 weitere hat es in Kooperation mit Kabelnetzbetreibern angeschlossen.Bei der geplanten Regionalisierung des TV-Kabelnetzes der Telekom will Hanf für die Kölner Region mitbieten.Dann könnte er 360 000 Haushalte erschließen.Ein entsprechendes Verhandlungsangebot habe er bereits dem Telekom-Verhandlungsführer Franz Arnold zugeschickt.

Weil die Telekom die attraktiven Ballungsgebiete nicht einzeln veräußern will, schlägt Hanf vor, den Regierungsbezirk Köln, zu dem auch ländliche Gebiete gehören, als Kabelregion auszuweisen.Das Telekom-Kabelnetz sei allerdings bei weitem nicht soviel wert wie die Kabelnetze in den USA, weil seine Struktur zersplittert ist.Während die Telekom über zwei Drittel der Netzebene 3 (vom Einspeisungspunkt bis zur Grundstücksgrenze) verfügt, gibt es zwischen 4000 und 6000 Kabelnetzbetreiber, die lediglich die Endverteilung des Programms von der Grundstücksgrenze zum Wohnungsanschluß vornehmen (Netzebene 4)."Wir würden die Netzebene 3 kaufen und dann mit den mittelständischen Kabelnetzbetreibern kooperieren", so Hanf."Unser Ziel ist es nicht, irgend jemanden aus dem Geschäft zu drängen."

Auf jeden Fall sind aus Hanfs Sicht erhebliche Investitionen in das Kabelnetz nötig, weil die Telekom dies in den vergangenen Jahren versäumt habe.Deshalb stehe das gesamte Kabelnetz unter erheblichem Konkurrenzdruck durch Satellitendirektempfang.Vor diesem Hintergrund verlange die Wohnungswirtschaft bereits von den Netzebene-4-Betreibern, daß sie ihr Produkt verbessern.

Für den Ausbau des existierenden Kabelnetzes für Internetanwendungen und das Telefonieren kalkuliert Hanf mit 1000 bis 1200 DM pro Anschluß.Für den Fall, daß Netcologne das Kölner Kabel nicht von der Telekom bekommt, kündigt Hanf der Konkurrenz "harten Wettbewerb" an.Das eigene Breitbandkabelnetz soll im nächsten Jahr ohnehin auf 100 000 Haushalte ausgeweitet werden.

Bis der Citycarrier jedes Haus in Köln angeschlossen hat, "wird es noch Jahre dauern", sagt Hanf.In dieser Zeit ist Netcologne darauf angewiesen, die letzte Meile Draht von der Telekom mitzunutzen.Deshalb ist es für die Geschäftsentwicklung wichtig, wieviel die Monatsmiete für den Telefonanschluß ("entbündelte Teilnehmeranschlußleitung") kosten wird.Vorläufig hat die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post die Gebühr auf 20,65 DM festgelegt.Die Behörde will am 30.November endgültig entscheiden.Die Telekom fordert demgegenüber 47 DM, ihre Wettbewerber halten 15 DM für angemessen.

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