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Wirtschaft: Ein Mutiger zwei Starke

Neue Chancen im Friedensprozeß in SichtVON MALTE LEHMINGEs tut sich was im Nahen Osten.Allerdings steht weder ein spektakulärer Durchbruch bevor, noch wird ein neues geheimes Friedens-Abkommen geschmiedet.

Neue Chancen im Friedensprozeß in SichtVON MALTE LEHMINGEs tut sich was im Nahen Osten.Allerdings steht weder ein spektakulärer Durchbruch bevor, noch wird ein neues geheimes Friedens-Abkommen geschmiedet.Und auf die Veränderungen weisen nur Indizien hin.Die Chance aber, daß Israelis und Palästinenser endlich wieder in einen konstruktiven Dialog treten, war lange nicht mehr so groß wie jetzt.Deshalb könnte das Gipfeltreffen, das am 4.Mai in London stattfinden soll, jenen Wendepunkt markieren, den viele nicht mehr für möglich hielten.Schließlich hatte man sich - bestärkt durch viele leidvolle Erfahrungen - an das Negativ-Bild gewöhnt: Seit der Wahl des neuen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor knapp zwei Jahren läuft nichts mehr; der Friedensprozeß ist tot.Daß in dieser Zeit Einsichten reiften, Kräfteverhältnisse wechselten, blieb zumeist verborgen. Netanjahu hat Fehler gemacht.Das kann niemand bestreiten.Die Liste reicht von der Eröffnung des Tunnels in der Altstadt von Jerusalem, über den Baubefehl für die Siedlung Har Homa bis zur versuchten Ermordung eines palästinensischen Extremisten in Jordanien.Ob sachlich berechtigt oder nicht: Die Art, wie Netanjahu diese Kontroversen behandelte, war fatal.Augen zu und durch - allein diese Devise schien seine Politik zu charakterisieren.Aber Netanjahu hat gelernt.Inzwischen räumt er Fehler ein, spricht sich ab.Daß eine rechtsnationalistische Regierung jemals Truppen aus Hebron abziehen, das Prinzip Land-gegen-Frieden akzeptieren und über einen palästinensischen Staat diskutieren würde, ist sein Verdienst.Außerdem steht Netanjahu wie ein Fels in der Brandung.Er wurde demokratisch gewählt und hat seinen Kopf geschickt aus allen innenpolitischen Schlingen gezogen.Er ist in Israel unangefochten die Nummer eins. Seine Gegner kann man sich nicht aussuchen: Was Rabin und Peres lernen mußten - und deswegen notgedrungen mit Jassir Arafat verhandelten -, dämmert nun auch dem palästinensischen Präsidenten.Netanjahu ist kein vorübergehendes Problem, das sich einfach aussitzen läßt.Fundamentalopposition gegen ihn zu betreiben, bringt auf Dauer gar nichts.Das einzusehen, ist für Arafat genauso wichtig wie für die USA und Europa.Mittlerweile bekämpft die palästinensische Behörde gezielt den Terrorismus und demonstriert deutlich ein Interesse an stabilen Verhältnissen.Mit Erfolg: Die Unmutsbekundungen der Palästinenser halten sich in Grenzen, die Intifada flammt nicht wieder auf.Das Schlüsselwort heißt Sicherheit.So lange Netanjahu glaubwürdig behaupten konnte, daß von den Palästinensern eine Gefahr ausgeht, hatte Arafat am Verhandlungstisch schlechtere Karten. Jetzt hat Netanjahu seine Macht gefestigt, Arafat seine Zuverlässigkeit bewiesen.Beide sind folglich stark, und keiner von ihnen darf es sich erlauben, mit leeren Händen nach London zu fahren.Besser könnten die Voraussetzungen für einen Erfolg kaum sein.Dabei wird es in London nicht um große Dinge gehen.Doch das Flughafen-Projekt in Gaza, die sicheren Verbindungswege zwischen den autonomen palästinensischen Gebieten oder die Einrichtung von Industrieparks liegen zur Unterschrift bereit.Das wäre zumindest ein neuer Anfang. Die Initiative zu der Konferenz ging von Tony Blair aus, der, das Irland-Abkommen im Gepäck, überzeugender als jeder andere um Frieden wirbt.Was die USA, trotz Madeleine Albright und Dennis Ross, nicht vermochten, was in Europa weder Frankreich noch Deutschland zustande bringen würden, das gelingt derzeit offenbar nur dem britischen Premierminister.Er hat auf seiner Nahost-Reise die Gunst der Stunde genutzt.Das klingt so einfach und ist so schwierig.Manchmal zahlt Mut sich doch aus.

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