zum Hauptinhalt
Düstere Stimmung. Die Commerzbank in Frankfurt am Main muss sich wohl auf eine Kapitallücke von rund fünf Milliarden Euro einstellen. Foto: dpa

© dpa

Wirtschaft: Ein neuer Finanzchef muss es richten

Daimler-Manager Stephan Engels wechselt zur Commerzbank. Offen ist, wie sie ihr Kapital aufstockt.

Frankfurt am Main - Am Ende gab es am Freitag nach der mit Spannung erwarteten Aufsichtsratssitzung der Commerzbank nur eine einzige konkrete, allerdings auch wichtige Entscheidung: Die Bank bekommt einen neuen Finanzvorstand. Der Daimler-Manager Stephan Engels wird im April kommenden Jahres Eric Strutz ablösen, der aus persönlichen Gründen ausscheidet. Der 49-jährige Engels leitet seit 2007 unter Daimler-Finanzvorstand Bodo Uebber die Bilanz- und Controlling-Sparte von Daimler und war zuvor Finanzchef der Daimler-Chrysler-Bank. Engels hatte niemand für den Posten auf der Rechnung gehabt. Viele Branchenkenner hatten erwartet, dass die Commerzbank die Funktion intern besetzen werde. Zumal der Commerzbank- Vorstand nur dann wieder auf Millionengehälter hoffen darf, wenn die Bank keine Verluste mehr schreibt oder die Staatshilfen zurückgezahlt hat.

Auf Engels wartet im kommenden Jahr eine gewaltige Aufgabe, deren Dimension allerdings immer noch nicht klar ist. Entgegen den Erwartungen verabschiedete der Aufsichtsrat am Freitag kein konkretes Maßnahmenpaket, wie das bis Mitte 2012 erforderliche zusätzliche Kapital aufgebracht werden soll. Angeblich geht es um fünf Milliarden Euro. Konkrete Zahlen von der Europäischen Bankenaufsicht EBA lassen aber weiter auf sich warten.

Nach Angaben aus Finanzkreisen müssen fünf deutsche Banken insgesamt 9,6 Milliarden Euro aufbringen, um die Vorgabe einer harten Eigenkapitalquote von neun Prozent zu erfüllen. Voraussichtlich wird die EBA Mitte nächster Woche konkrete Zahlen nennen (siehe Kasten). Eigentlich waren sie längst erwartet worden. Auch in der Commerzbank wächst der Unmut über das Verhalten der Bankenaufseher in London. Ihre „Profilierungstour“ sei schon sehr merkwürdig, sagte ein Commerzbank-Manager.

Unabhängig davon arbeitet die Bank an Konzepten, wie das notwendige Kapital beschafft werden kann, ohne dass erneut der Bankenrettungsfonds Soffin aktiviert werden muss, um der zweitgrößten deutschen Bank unter die Arme greifen zu können. Seit Ende 2010 vergibt der Soffin keine neuen Mittel mehr, sondern verwaltet allein noch die ausgereichten stillen Einlagen und Garantien. An der Commerzbank ist er noch mit 1,9 Milliarden Euro und einem Aktienanteil von 25 Prozent plus einer Aktie beteiligt.

Dem Vernehmen nach erwägt Commerzbank-Chef Martin Blessing, das notwendige Kapital unter anderem durch den Abbau von Kreditgeschäften in Osteuropa (mit Ausnahme von Polen), in Frankreich und in den USA sowie mit der Einstellung des Neugeschäfts des Staats- und Immobilienfinanzierers Eurohypo aufzubringen. Insgesamt soll die Bilanz von Risikogeschäften im Volumen von rund 30 Milliarden Euro entlastet werden. Zudem sollen Gewinne nicht ausgeschüttet werden. Auf diese Weise soll das Kernkapital um mehrere Milliarden erhöht werden können. Viel mehr noch soll dem Vernehmen nach ein Schritt bringen, mit dem Investoren Hybridkapital – eine Mischform aus fremden und eigenen Mitteln – in Aktien oder eine Art Wandelanleihe umtauschen, um darüber das Kernkapital zu stärken. Angeblich kann dieses so um bis zu sechs Milliarden Euro aufgestockt werden.

Sollte all das nicht gelingen, könnte die Bank nach Ansicht von Beobachtern die marode Eurohypo als eine Art Bad Bank an den Soffin abtreten und so doch indirekt noch einmal den Steuerzahler in Anspruch nehmen. Oder sie entschließt sich zu einer weiteren Kapitalerhöhung, die allerdings im aktuellen Marktumfeld und angesichts des niedrigen Aktienkurses nur schwer umzusetzen wäre. Gleichwohl macht sich auch unter Anlegern etwas Zuversicht breit. Der Kurs der Commerzbank-Aktie kletterte am Freitag um mehr als zehn Prozent. mit dpa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false