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Wirtschaft: „Ein Streik der Lokführer wäre illegal“

Bahn-Personalvorstand Bensel warnt die Gewerkschaft GDL, den Tarifstreit eskalieren zu lassen

Eigentlich sollte die Tarifrunde bei der Deutschen Bahn längst zu den Akten gelegt sein. Mit zwei der drei Gewerkschaften hatte sich das Unternehmen bereits vor zwei Wochen auf Lohnsteigerungen von 1,35 Prozent in diesem Jahr und weiteren 3,2 Prozent in 2004 verständigt. Doch die dritte ArbeitnehmerVereinigung, die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), ließ die Einigung am vergangenen Freitag überraschend platzen. Nun schließen die Lokführer einen Streik nicht mehr aus. Die Bahn hält einen Arbeitskampf jedoch für „klar rechtswidrig“, wie Personalvorstand Norbert Bensel dem Tagesspiegel am Sonntag sagte. Sollten Arbeitsrichter die Auffassung der Bahn teilen, könnte Lokführern damit die Kündigung drohen, sollten sie die Arbeit niederlegen.

Hintergrund des GDL-Widerstands ist weniger ein Konflikt der Lokführer mit der Bahn als die Uneinigkeit im Gewerkschaftslager. Ursprünglich wollte die GDL einen eigenen Tarifvertrag nach dem Vorbild der Piloten für ihre Mitglieder erstreiten. Nachdem die Bahn dies abgeblockt hatte, pochte die GDL bei den Gewerkschaften Transnet und GDBA auf die Tarifführerschaft für ihre Klientel. Weil die beiden Organisationen dies ablehnten, kämpft die GDL nun wieder für ihr ursprüngliches Ziel – den Spartentarifvertrag. Am kommenden Freitag soll das Problem gelöst werden. Bis dahin herrscht Friedenspflicht. Die Schlichter im Konflikt, der CDU-Politiker Kurt Biedenkopf und der Arbeitsrechtler Wolfgang Hromadka, hatten zuvor empfohlen, dass die GDL den Tarifabschluss übernimmt, den die anderen beiden Gewerkschaften bereits akzeptiert hatten.

Bei der Bahn ist man verärgert über die Lokführer. „Die GDL hat am Freitag gar keinen Einigungsversuch unternommen. Hier will sich eine Gewerkschaft auf Kosten der Bahn profilieren. Das werden wir nicht zulassen“, erklärte Bahn-Personalchef Bensel. Er sei „im Augenblick nicht sehr optimistisch, dass wir zu einer Einigung kommen“ und appellierte an die GDL, den „richtig guten Abschluss“ zu übernehmen. Gleichwohl wolle die Bahn die Zeit bis Freitag nutzen, um die Streitpunkte auszuräumen. „Wir sind bereit, jede Vereinbarung, die die Gewerkschaften untereinander treffen, zu unterstützen“, sagte er. Auch Transnet und GDBA hatten ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Sollten die Lokführer streiken, könnte dies den gesamten Bahnverkehr in Deutschland lahm legen. Ihre Macht hatte die GDL bereits bei einem Warnstreik Anfang März demonstriert. Damals ging rund eine Stunde lang landesweit nichts mehr. Das will die Bahn natürlich verhindern. „Laut höchstrichterlicher Rechtsprechung gibt es in Deutschland pro Unternehmen mit mehreren Gewerkschaften nur einen einzigen Tarifvertrag“, findet Bensel. Deshalb sei eine Arbeitsniederlegung „illegal“. Das könnte bedeuten, dass ein Streik arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Lokführer hätte, glauben Beobachter – im schlimmsten Fall bis hin zur Kündigung.

Die Bahn selbst plane, das Beschäftigungsbündnis mit den Gewerkschaften über 2004 hinaus zu verlängern, sagte Bensel. Bei dem Bündnis hatte sich die Bahn verpflichtet, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Eine Fortsetzung sei aber nur möglich bei regionaler Lohndifferenzierung sowie mehr Flexibilität und Mobilität der Bahn-Beschäftigten innerhalb des Konzerns. „Um betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen, müssen wir bei den Personalkosten wettbewerbsfähig sein“, sagte er. Gleichwohl schloss Bensel einen weiteren Arbeitsplatzabbau nicht aus. Die Größenordnung hänge ab von Effizienzsteigerungen im Unternehmen und von der konjunkturellen Lage“. brö

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