zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Ein Wechselbad der Gefühle im Crash-Monat Oktober. Nach dem Auf und Ab der Kurse dominieren nun die Optimisten

"Endlich!", wird so mancher Börsianer am Freitag gedacht haben, "Endlich ist dieser Monat vorbei.

"Endlich!", wird so mancher Börsianer am Freitag gedacht haben, "Endlich ist dieser Monat vorbei." Auch 70 Jahre nach dem legendären "Schwarzen Freitag" an der Wall Street hat der Oktober nichts von seinem Ruf als Schreckensmonat an den Weltbörsen verloren. Er tat in diesem Jahr freilich auch einiges, um diesem Image gerecht zu werden. Auch wenn es nicht zu dem Crash kam, den einige Börsenpropheten herbei zu reden versuchten: Schwache Nerven dürfen sich Anleger in diesem Herbst nicht leisten. Zurzeit erleben sie von Börsenwoche zu Börsenwoche ein Wechselbad der Gefühle.

Dabei verlief der Start in den Oktober durchaus verheißungsvoll. Die Zinsängste, die noch im September für Störfeuer bei den Aktienkursen sorgten, traten in den Hintergrund. Gute Unternehmensmeldungen bei den amerikanischen High-Tech-Werten sorgten für steigende Notierungen. Doch dann erwischte es die meisten Anleger eiskalt. Eine unspektakuläre Rede des Chefs der US-Notenbank Alan Greenspan, der vor überzogenen Aktienkursen warnte, dazu wachsende Inflationssorgen - und schon rasselten die Kurse diesseits und jenseits des Atlantiks in den Keller. Am Ende des Psychotrips fand sich der Dax ungefähr wieder dort, wo er gestartet war.

Dass der Monat dennoch ein versöhnliches Ende fand, lag daran, dass sich die Inflationssorgen in den USA ebenso schnell wieder verflüchtigten wie sie gekommen waren. Dazu sorgten die guten Konjunkturprognosen der Wirtschaftsforscher ebenso für freundlichere Mienen bei den Anlegern wie die Rekordergebnisse einigen Dax-Titel - zum Beispiel DaimlerChrysler, Deutsche Bank oder Siemens. Am Ende behielten die Optimisten die Überhand.

Seltsamerweise spielten die steigenden Zinsen am deutschen Rentenmarkt dabei kaum eine Rolle. Die durchschnittliche Umlaufrendite öffentlicher Anleihen sprang zwischenzeitlich auf rund 5,25 Prozent und ein Zinsschritt der Europäischen Zentralbank auf ihrer nächsten Ratssitzung am nächsten Donnerstag gilt unter Beobachtern fast als unvermeidbar. "Der Oktober war durchgehend unentschlossen", bemerkt Sandra Schiller, Analystin bei der Commerzbank dazu. "Er lässt sich weder in die Schublade der Bären- noch der Bullenmonate pressen. Es gab einfach nur viel Hin und Her." Ob sich daran bis Jahresende viel ändert ist fraglich. "Zum Jahresende geraten die Kurse oft in Bewegung. Das zwingt dann doch wieder alle in den Markt, um sich nicht ihre Performance zu verderben", weiß Analystin Schiller.

Auffällig an der Liste der Monatsgewinner ist die Tatsache, dass trotz der Turbulenzen das Kursplus der zehn Besten durchweg zweistellig ausfiel. Zum Top-Wert avancierte dabei überraschend eine Aktie, an der die Anleger in den vergangenen Monaten wenig Gefallen finden konnten: Thyssen Krupp. Stolze 16,45 Prozent legten die Anteile des Stahlkochers zu. Nachdem die Stahlpreise wieder anziehen, haben viele Analysten ihre Gewinnprognosen nach oben angepasst. Außerdem sind die an der Börse lange verschmähten konjunktursensiblen Werte plötzlich wieder en vogue. Auch die zweitplatzierte Lufthansa-Aktie (plus 16,35 Prozent) blieb im bisherigen Jahresverlauf eher blass. Doch nach der offenbar überwundenen Asienkrise und der anziehenden Konjunktur in Europa sehen die Bankanalysten wieder besser Zeiten auf die Fluggesellschaften zukommen. "Die Talsohle ist durchschritten", glaubt Uwe Weinreich von der BHF-Bank. Branchenbeobachter gehen in den kommenden Jahren von zweistelligen Zuwachsraten aus.

Für einen Paukenschlag auf der Verliererseite sorgte zweifellos der Gewinnrückgang bei SAP, den das Unternehmen im dritten Quartal 1999 hinnehmen musste. Bei dem einstigen Vorzeigeunternehmen grübeln die Analysten nun darüber, ob es sich "nur" um eine Delle im Gewinntrend handelt oder ob die Softwareschmiede endgültig aus der Liga der Wachstumswerte ausgeschieden ist. Überflügelt wurde SAP vom Trio der Stromversorger. Aus den Erfahrungen mit den Telekommunikationswerten haben Anleger gelernt. Ebenso wie nach der Öffnung der Telefonnetze sinken auch im Stromnetz die Preise. Und für die Unternehmen heißt das: sinkende Gewinne.

Peter Hein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false