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Abnahme. DHL-Mitarbeiter überprüfen einen in Dresden zur Frachtmaschine umgebauten Passagierflieger.Foto: picture alliance/dpa

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Wirtschaft: Ein zweites Leben für den Airbus

Nach Jahren der Kurzarbeit erhalten die traditionsreichen Elbe-Flugzeugwerke wieder einen Großauftrag für die Umrüstung ausgedienter Passagierflieger.

Dresden - Es sieht zunächst ein wenig aus, als würden die Männer den Airbus gnadenlos ausschlachten und zerlegen: Die Sitzreihen sind schon ausgebaut, auch die Innenwände der Kabinen und Toiletten fehlen, so dass der Blick über Dämmwolle und Kabelstränge schweift. Mit einem Messer schneidet ein Mitarbeiter der Elbe Flugzeugwerke (EFW) gnadenlos durch den Kabinenboden des A300, der noch bis vor wenigen Wochen für die Japan Airlines Fluggäste rund um die Welt beförderte. In der nächsten Station wartet sogar der Trennschleifer, der sich kurz hinter dem Cockpit durch den Flugzeugrumpf fressen wird.

„Wir verpassen dem Flugzeug sein zweites Leben“, sagt Andreas Sperl, Chef des Tochterunternehmens von Airbus Deutschland. Denn das Dresdner Unternehmen baut seit fast 20 Jahren in die Jahre gekommene Passagierjets zu Frachtflugzeugen um. 170 Maschinen für mehr als 40 Kunden wurden seit 1993 ausgeliefert. Die großen Hallen, die insgesamt Platz für bis zu acht Maschinen bieten, sind jetzt nach der Krisenzeit endlich einmal wieder gut gefüllt, kreischender, hämmernder Lärm erfüllt den Raum. „Nach 2009 bestellte keine Airline Frachtflugzeuge mehr, wir haben uns mit dem Bau von Leichtbaukomponenten für den Airbus und Kurzarbeit über Wasser halten müssen“, berichtet Sperl. Ein Teil der 1100 Mann starken Belegschaft wurde nach Hamburg und Toulouse ausgeliehen, entlassen wurde niemand. „Flugzeugtechniker und -Ingenieure sind wie Goldstaub“, sagt Sperl und verweist auf die Gegenwart: „Jetzt laufen wir endlich wieder auf Hochtouren.“

Der erlösende Auftrag für die Elbe Flugzeugwerke kam von DHL-Express. Die Posttochter suchte für ihre in Europa stationierte Flotte Maschinen mit größerer Ladungsfähigkeit als der Kernbestand der Boeing 757. Der Airbus A300-600 schafft mit 49 Tonnen fast das Doppelte. Insgesamt 18 Maschinen gab der gelb- rote Expressversender zum Umbau in Auftrag, dazu kam noch ein zweiter Kunde, der nicht genannt werden will. Bis 2013 ist die Werft damit ausgelastet.

Über Zahlen wie das Auftragsvolumen spricht Sperl mit Verweis auf die Verträge nicht, versichert aber, dass die Umrüstung von gebrauchten Maschinen sehr kostengünstig erfolgen kann. In vier, jeweils 18 Tage dauernden Arbeitstakten werden zunächst sämtliche Innereien entfernt, dann die Zelle für den Einbau der großen Frachtluken aufgeschnitten und verstärkt. Im Inneren kommt ein neues tragfähiges Hauptdeck mit Rollen für die Frachtcontainer in die Maschinen, die im Fall von DHL ein Durchschnittsalter von gut zehn Jahren auf dem Buckel haben.

Frachter gelten nicht ganz zu Unrecht als besonders lärmintensiv, was Sperl jedoch relativiert: Im Fall von DHL wird der Auftrag dazu führen, dass ältere Maschinen ausgemustert werden, die als fast doppelt so laut empfunden werden. Die neuen Muster verbrauchen rund 20 Prozent weniger Kerosin und gehören zur besten Lärmkategorie, versichert er. Rund 30 Jahre könnten die Flugzeuge, die zugleich technisch bis in die letzte Schraube komplett überholt werden, dann wieder in den Dienst gehen.

Etwa 150 Millionen Euro Umsatz hat EFW im letzten Jahr erzielt, in diesem Jahr dürften es deutlich mehr werden. Wie es nach 2013 weitergehen kann, war lange offen, denn für die Umrüstung des seit Jahren nicht mehr gebauten A300-Modells gibt es nicht mehr viele geeignete Maschinen. Jedoch kam Mitte Februar die erlösende Nachricht, dass die Passagiervariante des Langstreckenjets A330 von Airbus für den Umbau freigegeben ist. Gemeinsam mit der ST Aerospace aus Singapur sollen die Dresdner in zwei bis drei Jahren das Engineering für den Umbau entwickeln.

Neben der boomenden Sparte Leichtbau und Komponentenfertigung, die fast die Hälfte des Umsatzes in Dresden bringt, versprechen sich die Dresdner viel neues Geschäft auch bei der Flugzeugwartung. Die erforderliche Zertifizierung für die gesamte Airbusflotte liegt vor, und dass die chinesische Billigkonkurrenz in diesem sensiblen Geschäft nicht immer die beste Wahl ist, wurde vor wenigen Wochen deutlich. Dort hatten Techniker bei einem französischen Airbus einen kompletten Schraubensatz vergessen wieder einzubauen. Für die kanadische Luftwaffe läuft bereits ein Wartungsauftrag, auch für den A400M werde man sich bewerben – gegen französische Konkurrenz aus dem EADS-Haus. Gegen Familienmitglieder verliert man besonders ungern. Manfred Schulze

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