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Wirtschaft: Eine Bank entdeckt den Mittelstand

Die Hypo-Vereinsbank soll wachsen – auch in Berlin.

Von Carla Neuhaus

Berlin - „Wir werden jedem Unternehmen Kredit gewähren, solange es betriebswirtschaftlich Sinn macht“, sagt Lutz Diederichs. Der Firmenvorstand der Hypovereinsbank hat sich viel vorgenommen. Er wolle bis Ende 2014 bundesweit 20 000 Unternehmer als Neukunden für sein Haus gewinnen, sagte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Das Volumen der ausgereichten Firmenkredite soll von 60 auf 65 Milliarden Euro steigen.

Einfach dürfte das allerdings nicht werden. „Es stürzen sich gerade alle Banken in den Markt mit Mittelstandskrediten“, bestätigt Diederichs. Ob ein Großinstitut wie die Deutsche Bank oder ein ausländisches Geldhaus wie die französische Bank BNP Paribas: Sie alle feilen gerade an Konzepten, wie sie mehr Geschäft mit deutschen Firmenkrediten machen können.

Von einer Kreditklemme, wie sie noch vor drei Jahren die Unternehmen beunruhigte, ist heute keine Rede mehr. Die Firmen kommen so leicht an Geld wie nie. Nur knapp 20 Prozent von ihnen klagten im August über Schwierigkeiten, einen Kredit zu bekommen, zeigt eine Befragung des Ifo-Instituts. Das ist ein fast historischer Tiefstwert.

Der Grund für diesen Umschwung ist simpel: Die Banken wissen nicht, wohin mit dem Geld der Sparer. Weil sie dafür am Kapitalmarkt nur niedrige Zinsen bekommen, wollen sie es als Kredite ausreichen. „Der deutsche Mittelstand wächst deutlich stärker als andere Wirtschaftsbereiche in Europa, deshalb ist er für die Banken sehr interessant“, sagt Christoph Winter von der Unternehmensberatung Kienbaum. „Die Banken haben es aber längst nicht nur auf die Kredite abgesehen. Sie wollen mit den Unternehmen auch Provisionsgeschäft machen.“ Deshalb hat die Hypovereinsbank auch das Ziel ausgegeben, für möglichst viele Firmen zur „Kernbank“ zu werden. Sie will für die Unternehmen auch die Fremwährungsgeschäfte absichern, ihnen Derivate verkaufen oder ihren Zahlungsverkehr abwickeln.

Gleichzeitig konzentriert sich das Haus künftig verstärkt auf kleinere Firmen. So ist die Hypovereinsbank erst im April mit ihrer hausinternen „Unternehmerbank“ an den Start gegangen. Unter ihrem Dach betreut das Institut jetzt alle Unternehmen – vom kleinen Vier-MannHandwerksbetrieb bis zum Großkonzern. Bis vor kurzem war das noch anders: Da waren für Unternehmen, die weniger als 50 Millionen Euro Umsatz im Jahr machten, die Privatkundenberater zuständig. „Wir sind davon überzeugt, dass die Umsatzhöhe nicht mehr das richtige Kriterium ist“, sagt Diederichs.

Gerade im Geschäft mit den Kleinunternehmern sieht die Bank Wachstumspotenzial. Weil es in Berlin besonders viele Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern gibt, rückt diese Region jetzt verstärkt ins Blickfeld der Hypovereinsbank. Hier will sie ihre Marktanteile „deutlich ausbauen“. Konzentrieren will sie sich dabei vor allem auf Existenzgründer sowie Ärzte und Apotheker. Für diese beiden Gruppen hat die Bank eigene Beraterteams zusammengestellt. In den letzten drei Jahren hat die Hypovereinsbank nach eigenen Angaben gut 820 Gründungen begleitet. „Für dieses und kommendes Jahr erwarte ich eine Betreuung von mindestens 1000 Gründungen durch unser Haus“, sagt Ewald Münch, der in der Region das Firmenkundengeschäft verantwortet.

Aber auch in dem Geschäft mit der Gesundheit sieht das Institut Wachstumspotenzial. „Berlin altert: In Zukunft werden hier immer mehr ärztliche Leistungen nachgefragt“, sagt Münch. „Gleichzeitig wird die Medizin technikintensiver, wodurch der Finanzierungsbedarf der Ärzte steigt.“ So hofft die Hypovereinsbank in der Hauptstadt verstärkt Kredite an Arztpraxen und Krankenhäuser zu vergeben, wenn die zum Beispiel ein neues MRT- oder CT-Gerät anschaffen.

Derzeit betreut die Hypovereinsbank im Großraum Berlin 4000 Ärzte, Zahnärzte und Apotheker, bis Ende 2014 sollen es 500 mehr sein. Das Volumen der Kredite, die das Institut an diese Kundengruppe ausreicht, soll bis dahin um 15 Prozent auf knapp 620 Millionen Euro steigen. Carla Neuhaus

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