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Wirtschaft: „Eine Börsenfusion bringt enorme Vorteile“

Friedrich von Metzler, Privatbankier und Aufsichtsrat der Deutschen Börse, über den Finanzplatz

Herr von Metzler, gehen am Finanzplatz Frankfurt die Lichter aus, wenn die Deutsche Börse den Konkurrenten in London übernimmt?

Das ist Unsinn. Das Ganze bringt allen Marktteilnehmern enorme Vorteile. Deutsche Banken stehen nach einer Fusion im Börsengeschäft auf einer Stufe mit ihren britischen Konkurrenten, was die Breite und Liquidität des Aktienmarktes betrifft. Wir verschaffen deutschen Unternehmen zudem einen deutlich besseren Zugang zu internationalen Investoren. Wenn Paris und London zusammengehen, ist Frankfurt der große Verlierer. Bei der Frage um den Sitz der neuen Börse geht es nur ums Prestige. Darüber darf man das große Ganze nicht in Gefahr bringen.

Ein anderes Thema, das die Finanzgemeinde beschäftigt, ist die Zukunft der Großbanken. Haben die deutschen Banken ihre Krise überwunden?

Sie sind auf einem guten Weg. Es gab die Fusion der drei großen Hypothekenbanken, die Integration der Dresdner Bank in die Allianz, fast täglich schließen sich Sparkassen und Volksbanken zusammen. Es passiert enorm viel.

Aber alles bewegt sich innerhalb der einzelnen Gruppen. Verbindungen zwischen privaten Banken und Sparkassen sind weiter tabu.

Es ist völlig legitim, dass sich die einzelnen Gruppen auf ihre eigenen Stärken besinnen. Gleichwohl sollten wir uns von Dogmen verabschieden und zumindest die Möglichkeit zulassen, dass auch Sparkassen, Volksbanken und private Banken zusammengehen. Ideologie macht keinen Sinn. Eine Kommune muss die Chance haben, sich einen Käufer für ihre Sparkasse zu suchen. Zum besten Preis. Es ist falsch, dass über den Verkauf der Frankfurter Sparkasse nur mit der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) verhandelt wird. Das Verfahren muss offen sein. Wenn die Helaba dann die beste Offerte auf den Tisch legt, soll sie den Zuschlag erhalten.

Und die Arbeitsplätze?

Leider müssen die Banken auf dem Weg nach vorne auch Arbeitsplätze abbauen, um die Produktivität zu verbessern und Fehlentwicklungen zu korrigieren. International verdienen deutsche Banken zu wenig. Das ist schädlich für die gesamte Volkswirtschaft. Aber: Man muss sich nicht gleich an der weltweit besten Bank mit der höchsten Rendite ausrichten.

Den Kurs von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, der an seinem ambitionierten Renditeziel von 25 Prozent festhält, können Sie also nicht nachvollziehen?

Im Gegenteil. Herr Ackermann wird falsch gesehen. Die politische Aufregung ist verlogen, und er wird zum Sündenbock für politische Versäumnisse gemacht. Er hat Erstaunliches erreicht, die Deutsche Bank ist auf einem guten Weg. Ich habe mehr die Sorge, dass wir bald keine große deutsche Bank haben, die deutsche Unternehmen global begleiten kann. Die Deutschen haben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Großbanken doch vor allem gegründet, damit die deutsche Industrie bei ihrer Expansion nicht mehr auf Londoner Banken angewiesen war. Vor allem die Politik sollte sich heraushalten und ihre Hausaufgaben machen.

Das Bankhaus Metzler ist jetzt seit 331 Jahren unabhängig. Wird das die nächsten 300 Jahre auch so bleiben?

In aller Bescheidenheit: Wir haben eine ausgezeichnete Aufstellung für das Zukunftsgeschäft einer Bank in unserem Land. Deutschland muss sich umstrukturieren: Das sichert unser Corporate Finance- und Beratungsgeschäft. Und es gibt immer mehr Vermögen: Beste Voraussetzung für unser Private Banking. Wir bekommen zwar dauernd lukrative Angebote. Und wir könnten sicher einen schönen Preis erzielen. Aber warum sollten wir? Die Frage kann uns niemand beantworten. Das Bankhaus Metzler bleibt unabhängig und eigenständig.

Das Interview führte Rolf Obertreis.

Friedrich von Metzler (61) ist Chef und Mit-

eigentümer des 331 Jahre alten, privaten Bankhauses B. Metzler seel. Sohn & Co. Er ist Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Börse AG.

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