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Die Freiberuflichkeit haben sich viele Selbständige bewusst ausgesucht. In Krise aber fallen die Umsätze weg.

© picture-alliance/ dpa

Eine Folge der Coronakrise: Jeder vierte Freiberufler könnte aufgeben müssen

Viele Selbstständige fürchten um ihre Existenz. Finanzhilfen bekommen sie nur, wenn sie Betriebsausgaben wie Büromieten haben - auf viele trifft das nicht zu.

Von Carla Neuhaus

Sie sind Designer, Trainer, Fotografen oder Musiker und bangen um ihre Jobs. Ein Viertel der deutschen Soloselbstständigen hält es für sehr wahrscheinlich, ihre Tätigkeit innerhalb der nächsten zwölf Monate aufgeben zu müssen. Das zeigt eine Umfrage des Verbands der Gründer und Selbstständigen (VGSD) unter mehr als 16 000 Soloselbstständigen. Die Mehrheit von ihnen (60 Prozent) hatte demnach zeitweise Umsatzeinbrüche von 75 Prozent. „Und die Stimmung unter den Selbstständigen wird eher schlechter als besser“, sagt Verbandschef Andreas Lutz. Viele müssten die erhaltene Soforthilfe wieder zurückzahlen.

Denn weiterhin dürfen Selbständige die Hilfsgelder des Bundes nicht für den Lebensunterhalt einsetzen. Gedacht sind sie einzig für Betriebskosten, also die Miete für das Geschäft oder das Atelier. Solche Ausgaben aber haben gerade viele Kulturschaffende nicht. Bei der Antragstellung wussten zudem viele schlicht nicht, wofür sie das Hilfsgeld nutzen dürfen und wofür nicht. „Die Rechtsunsicherheit war enorm groß“, sagt Catharina Bruns von der Kontist-Stiftung, die sich für die Belange von Selbstständigen starkmacht.

Auch vom Konjunkturpaket sind viele enttäuscht

Wie sie hatten viele gehofft, dass es spätestens mit dem Konjunkturpaket zu Nachbesserungen kommt. In dem sind nun zwar 25 Milliarden Euro an Überbrückungshilfen für Mittelständler und Selbstständige vorgesehen. Abgedeckt werden damit aber erneut nur Betriebskosten, keine Lebenshaltungskosten. „Das geht an der Lebenswirklichkeit der Selbstständigen vorbei“, sagt Bruns. „Wir müssen davon ausgehen, dass diese Personengruppe von der Politik im Stich gelassen wird.“

Selbstständige sind damit im Zweifel weiterhin auf das Jobcenter angewiesen. Die Politik hatte zugesagt, für sie den Zugang zur Grundsicherung zu erleichtern. In der Praxis sei da aber wenig passiert, kritisiert Lutz. „Der Antrag ist immer noch enorm aufwendig“, sagt er. Zum Teil kämen da 200 Seiten zusammen. Auch auf die Vermögensprüfung werde – anders als von der Politik zugesagt – nicht verzichtet. „Viele Selbstständige haben privat über Investmentfonds fürs Alter vorgesorgt“, sagt Lutz. „Das wird vom Amt aber nicht als Altersvorsorge anerkannt.“ Deshalb seien viele Selbstständige jetzt genötigt, von dem Geld zu leben, das sie eigentlich für ihre Zeit als Rentner zur Seite gelegt hätten. Kompliziert wird es auch, weil gleich mehrere Stellen zuständig sind. „Da wird dann zum Beispiel die Soforthilfe bei der Grundsicherung angerechnet, obwohl die Betroffenen sie gar nicht für private Zwecke verwenden dürfen“, sagt Lutz.

Für diesen Donnerstag hat der VGSD zusammen mit anderen Organisation deshalb um 17 Uhr zu einer Demonstration vor der Gedächtniskirche eingeladen. Unterstützt werden sie von den „Stummen Künstlern“ aus Dresden. Sie singen die „Ode an die Freude“, lassen dabei aber einen Großteil der Silben weg. So wollen sie auf die prekäre Situation aufmerksam machen, in der sich viele Selbstständige in diesen Tagen befinden.

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