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Wirtschaft: Eine Frage des Risikos

Von Carsten Brönstrup Die Arbeitgeber wittern Morgenluft. Im Frühjahr laufen in zahlreichen Branchen die Tarifverträge aus.

Von Carsten Brönstrup

Die Arbeitgeber wittern Morgenluft. Im Frühjahr laufen in zahlreichen Branchen die Tarifverträge aus. Wegen der Konjunkturschwäche ist zugleich die Lage vieler Unternehmen so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht. Eine günstige Gelegenheit für die Wirtschaft also, das starre Tarifkorsett aufzubrechen: Die Arbeitgeber, so erklären sie in einem neuen Papier, wollen sich vom Flächentarifvertrag weniger einengen lassen, wollen ihre Belegschaften am Unternehmenserfolg und an der individuellen Leistung orientiert bezahlen. Einem solchen Schema haben die Gewerkschaften in der Chemieindustrie und bei den Banken doch auch schon zugestimmt, sagen sie, warum sollte es dann nicht auch im Handel, in der Druckindustrie oder in der Wohnungswirtschaft klappen?

Doch die Arbeitgeber schießen mit ihren Plänen über das Ziel hinaus. Ohne Zweifel müssen die Lohnvereinbarungen und das Tarifvertragsrecht moderner werden, damit mehr Arbeitsplätze entstehen. Und Öffnungsklauseln können angeschlagenen Betrieben in Krisenzeiten eine Chance bieten, die Löhne abzusenken und das Überleben zu sichern. Es ist aber falsch, die Bezahlung der Arbeitnehmer immer stärker am Erfolg des Unternehmens auszurichten – und dies für ganze Branchen per Tarifvertrag festzuschreiben. Gerade die aktuelle Wirtschaftsschwäche mit 40 000 Firmenpleiten im vergangenen Jahr und vier Millionen Arbeitslosen zeigt, dass die Beschäftigten schon die Bürde des Arbeitsplatzrisikos tragen müssen. Es wäre nicht fair, sie auch noch für Erfolg oder Scheitern des Unternehmens verantwortlich zu machen. Dies liegt meist in den Händen des Managements. Und die Beispiele Kirch, Bankgesellschaft oder Herlitz zeigen, dass oft falsche Entscheidungen der Vorstände in die Pleite führen – und nicht zu hohe Personalkosten.

Zudem stünde es den Managern gut zu Gesicht, würden sie bei der erfolgsabhängigen Bezahlung auch an die eigenen Bezüge denken. Sie haben bislang stets die Hand aufgehalten, wenn es etwas zu verteilen gab – in den fetten Jahren also. Es wäre recht und billig, würden sie in schlechten Jahren ebenso Verzicht üben – und für eigene Fehler gerade stehen. Erst dann sollten sie auch Zugeständnisse von den Arbeitnehmern verlangen.

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