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Wirtschaft: Eine Gasse für die Arbeitswilligen Metallerstreik um die 35-Stunden-Woche kommt vor Gericht

Berlin (alf). Mit Hilfe der Gerichte setzten die Tarifparteien in der ostdeutschen Metallindustrie am Mittwoch den Arbeitskampf fort.

Berlin (alf). Mit Hilfe der Gerichte setzten die Tarifparteien in der ostdeutschen Metallindustrie am Mittwoch den Arbeitskampf fort. Per einstweiliger Verfügung wurde der IG Metall verboten, die Unternehmen ZF in Brandenburg (Havel), Bombardier in Hennigsdorf und Federal Mogul Dresden mit Streikposten abzuriegeln. Bei Federal Mogul waren am Mittwoch zwei Hubschrauber im Einsatz, um Arbeitskräfte und Lebensmittel ins Werk zu bringen. Der Verband der Metall und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME) warf der Gewerkschaft am Nachmittag vor, trotz des gerichtlichen Verbots die Blockade fortzusetzen. Er sei „fassungslos, da die Berufsfunktionäre sogar bereit sind, zu illegalen Mitteln zu greifen“, ließ VME-Hauptgeschäftsführer Hartmann Kleiner mitteilen. Hubert Dünnemeier aus der Streikleitung der IG Metall wies den Vorwurf zurück. „Wenn es eine einstweilige Verfügung gibt, dann machen wir auch eine Gasse.“

Eine Gasse bedeutet, dass die Streikposten der Gewerkschaft einen mindestens drei Meter breiten Pfad für die Beschäftigten lassen, die sich nicht am Streik beteiligen und zur Arbeit ins Werk wollen. Früher bildeten die Streikenden mit ihren Armen einen Tunnel, durch den die Streikbrecher laufen mussten. Zu Beginn des Tunnels wurden die Arbeitswilligen bisweilen mit einem Plakat begrüßt, auf dem ein Gesäß mit dem Spruch abgebildet war: „Wer hier durch geht, ist ein Arschkriecher.“ Nach einem Streik bei Opel im Jahr 1984 wurde erfolgreich gegen Tunnel und Plakat geklagt; seitdem muss der Luftraum über der Gasse frei sein.

Ein bislang unbekanntes Instrument des Streikbruchs setzt der Dresdner Hersteller von Kolbenringen, Federal Mogul, ein. Am Mittwoch waren zwei Hubschrauber im Einsatz, die Arbeiter ins Werk rein und wieder raus flogen sowie mit Lebensmitteln versorgten. „Das ist Notwehr“, sagte Federal-Geschäftsführer Martiny dem Tagesspiegel. Nach seinen Angaben verbrachten rund 100 Beschäftigte die Nacht von Dienstag auf Mittwoch im Werk, das rund um die Uhr von streikenden Metallern und angereisten Gewerkschaftern blockiert wird. Die Firmenleitung hatte für die Eingeschlossenen Schlafsäcke, Brot und Marmelade besorgt. Am Mittwoch wollten die Arbeitenden auf dem Werksgelände grillen. Martiny zufolge haben von der insgesamt 330 Personen umfassenden Belegschaft am Dienstag 120 und am Mittwoch 160 gearbeitet.

Am Mittwochmorgen veranstalteten die Beschäftigten eine Demo auf dem Werksgelände, um den Streikenden zu zeigen, wie stark die Streikbrecherfront ist. Dazu wurde die Fahne des Freistaats Sachsen und das Firmenbanner von Federal Mogul gehisst. Nach Angaben von René Vits, dem Betriebsratsvorsitzenden von Federal Mogul, nahmen an der Prozession der Werktätigen rund 80 Personen teil. Vits zufolge standen auf der anderen Seite der Front, also bei den Blockierern, „knapp drei Dutzend“ Werksangehörige. Die Belegschaft sei „gespalten“, räumte der Betriebsratschef ein. Am späten Nachmittag gab es auch für Federal Mogul eine einstweilige Verfügung zur Bildung einer Gasse. Der weitere Einsatz der Hubschrauber wurde damit überflüssig.

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