zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Eine Mischung aus Rente und Risiko - Genüsse bieten mehr Rendite als Festverzinsliche, strapazieren aber die Nerven der Anleger stärker

Wer sich nicht allein in den Dschungel traut, muss eine Pauschalreise buchen. Anleger, die sich nicht durch das Dickicht der Emissionsbedingungen von Genussscheinen schlagen wollen, sollten deshalb ihr Geld besser einem Fonds anvertrauen.

Wer sich nicht allein in den Dschungel traut, muss eine Pauschalreise buchen. Anleger, die sich nicht durch das Dickicht der Emissionsbedingungen von Genussscheinen schlagen wollen, sollten deshalb ihr Geld besser einem Fonds anvertrauen. Genüsse bieten eine höhere Rendite als Anleihen - allerdings bei höherem Risiko. "Im Durchschnitt werfen Genüsse 120 Basispunkte mehr Rendite ab", sagt Jörn Wasmund, Fondsmanager bei der Deutsche-BankTochter DWS. Der von ihm gemanagte DWS-Fonds DM-Spezial schlug den Rentenindex Rex eindeutig.

Genüsse werden auch als Zwitter bezeichnet, weil sie weder Renten noch Aktien klar zuzuordnen sind. Rentenähnliche Papiere werfen jährlich eine festgelegte Ausschüttung ab und beteiligen den Inhaber - im Unterschied zu aktienähnlichen Scheinen - nicht am Liquidationsgewinn, falls das Unternehmen, das den Schein ausgegeben hat, aufgelöst wird. Allerdings ähneln die börsennotierten Genussscheine nahezu ausschließlich Rentenpapieren. Wie für Anleihen gilt auch für Genussscheine, dass während der Laufzeit steigende Zinsen die Rendite verhageln, da die Kurse sinken. Steigende Zinsen sind der Grund, wieso die meisten Genussscheinfonds im Jahr 1999 Verluste eingefahren haben.

Das größte Risiko eines Genussscheininhabers ist der Konkurs des Emittenten. Wegen der so genannten "Nachrangabrede", die für nahezu alle Papiere gilt, sehen die Anleger ihr Geld nicht wieder, sagt Deka-Fondsmanager Gert Gutermuth. Und Rolfjosef Hamacher von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG stellt fest: ."Wer Genussscheine besitzt, trägt das Risiko eines Gesellschafters und stellt sich schlechter als ein Vorzugsaktionär." Kein Schein gleiche dem anderen, da es keine gesetzlichen Vorschriften gebe. Um böse Überraschungen zu vermeiden, sollten die Emissionsbedingungen genau studiert werden, rät Rechtsanwalt Dietmar Kälberer (siehe Stichwort).

Steuerlich kann es interessant sein, einen Schein mit niedrigem Kupon zu kaufen. Denn: Je höher die Ausschüttung ist, desto schneller sind die Sparerfreibeträge (Ledige: 3100 Mark inklusive Werbungskostenpauschale, Verheiratete: 6200 Mark) ausgeschöpft. Danach werden die Ausschüttungen sowohl renten- als auch aktienähnlicher Genüsse mit 25 Prozent Kapitalertragsteuer belegt - genau wie bei Dividenden. Demnach dürften Genussscheinausschüttungen auch von der geplanten Senkung des Kapitalertragsteuersatzes auf Dividenden von 25 auf 20 Prozent profitieren. Bei Anleihen würden dagegen 30 Prozent Zinsabschlagsteuer fällig, erklärt Hamacher. Ein weiterer Vorteil gegenüber Anleihen: Es fallen keine zu versteuernden Stückzinsen (zwischen den Zinsterminen aufgelaufene Zinsen) an.

Ein alter Trick, Erträge aus Genüssen völlig steuerfrei zu kassieren, funktioniert kaum noch, seit die Spekulationsfrist mit Wirkung zum 1. Januar 1999 auf ein Jahr verlängert wurde. Früher konnten pfiffige Anleger die Flat-Notierung der Genüsse ausnutzen und das Papier kurz nach dem Ausschüttungstermin zu einem niedrigen Kurs kaufen und kurz vor der nächsten Ausschüttung zu einem höheren Kurs wieder verkaufen. Sie wandelten so steuerpflichtige Ausschüttungen in steuerfreie Kursgewinne um. Heute bleibt dem Anleger nur noch folgende Strategie: Er nimmt die erste Ausschüttung nach elf bis zwölf Monaten mit und verkauft kurz vor der zweiten Ausschüttung. So können die Zinsen für fast ein Jahr vereinnahmt werden - ohne Abzug der Kapitalertragsteuer.

Wer einen Fonds kauft, kann sich darauf verlassen, dass nur rentenähnliche, festverzinsliche Genüsse inländischer Emittenten gekauft werden. Thomas Melcher, Manager des MMWI-Multi-Genuss-Fonds kauft, wie seine Kollegen auch, nur Banken-Scheine bzw. Papiere von Sparkassen. Emittenten wie Roche, Sixt, Bertelsmann oder Edeka sind nach Wasmunds Ansicht zu spekulativ. Auch aktienähnliche Papiere kommen den Managern nicht ins Depot. Wer auf eigene Faust Genüsse kaufe, habe das Problem, dass viele Papiere kaum gehandelt würden. Schon kleine Orders könnten deswegen zu Kurssteigerungen führen, sagt Hans Sülwald, Rentenhändler bei der Commerzbank. Sein Rat: "Die Order sollte ein Limit haben."

Petra Schwarz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false