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Wirtschaft: Eine Zinserhöhung ist unwahrscheinlich - aber die Europäer könnten das Geld verteuern

Die Geld- und Kapitalmärkte sind in "Hab-Acht"-Stellung. Lange Zeit war mit einer Zinserhöhung durch die US-Notenbank (Fed) am Mittwoch gerechnet worden.

Die Geld- und Kapitalmärkte sind in "Hab-Acht"-Stellung. Lange Zeit war mit einer Zinserhöhung durch die US-Notenbank (Fed) am Mittwoch gerechnet worden. Diese Gefahr ist nun gebannt. Die Fed ließ die US-Zinssätze unverändert. Doch nun wartet die Finanzwelt gebannt auf die Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) am morgigen Donnerstag. Die Analysten rechnen zu einem großen Teil mit einer Zinserhöhung in Euroland und zwar von derzeit 2,5 Prozent auf 2,75 Prozent. Verwiesen wird darauf, dass die EZB bereits seit dem Sommer mit zunehmender Intensität vor Inflationsgefahren zumindest auf mittlere Sicht warnt. Insbesondere der scharfe Tonfall, den am vergangenen Freitag sowohl der EZB-Präsident Wim Duisenberg als auch sein Chefvolkswirt Otmar Issing wählten, machte die Beobachter nervös. Die Märkte reagierten sofort - Tagesgeld wurde teurer, der Euro kletterte auf ein Zweimonatshoch. Spekuliert wurde sogar über eine konzertierte Aktion der Notenbanken in Europa den USA und Großbritannien. Hiermit solle der starke Yen geschwächt werden.

Heinrich Engelke, Volkswirt bei der Bankgesellschaft Berlin, glaubt nicht an eine Zinserhöhung durch die EZB. Seine Argumente: Die Europäische Zentralbank werde wohl eher abwarten, bis sich die anziehende Konjunktur in Europa auch in harten Zahlen niederschlage. Außerdem werde sie - ähnlich wie schon die Deutsche Bundesbank - alles vermeiden, was nach einer ad-hoc-Politik aussehen könnte. Zudem bestehe kein aktueller Handlungsbedarf. In Deutschland, als wichtigstem Euroland, zögen zwar die Preise für Rohstoffe und Rohöl an, auf der anderen Seite käme es aber gerade auf den liberalisierten Märkten - etwa der Telekommunikation und dem Strommarkt - zu Preissenkungen. Technische Daten, wie etwa die Geldmengenentwicklung betrachtet Engelke mit Skepsis. Schon die Vergangenheit habe gezeigt, dass es in diesem Bereich immer noch Probleme gebe, exakte Daten zu erhalten.

Viel spannender werde es im kommenden Januar/Februar. Dann ständen die Lohnverhandlungen im Öffentlichen Dienst und in der metallverarbeitenden Industrie an. Dann könne die Konjunktur so gut laufen, dass die Arbeitgeber zu größeren Zugeständnissen bereit wären. Und dann könnte sich die Europäische Zentralbank herausgefordert fühlen.

Es scheint also eher die Oktober-Psychologie zu sein, die die Märkte beeinflusst. Seit diversen Crashs jeweils in diesem Monat, reagieren die Aktien- und Kapitalmärkte fast schon automatisch.

dr

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