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Bike aus Berlin. Lorenz Hoser, Chef des Herstellers Hawk, setzt auf Design und Elektromotoren. Das Modell Hudson hat eine mittlere Reichweite von 40 Kilometern.

© Felix Kaestle

Eingebauter Rückenwind: Design und Elektromotoren als neuer Trend auf der Eurobike

Viele Hersteller haben auf der weltgrößten Fahrradmesse auf E-Bikes gesetzt – zwei Berliner Beispiele.

Friedrichshafen – Der markante Kopf eines Greifvogels ziert das Logo des Berliner Radherstellers Hawk Bikes. Ein cooles Logo, findet Geschäftsführer Lorenz Hoser. Natürlich zierte es seinen Stand auf der Eurobike in Friedrichshafen, die am Wochenende zu Ende ging. Mit 1180 Ausstellern aus 45 Nationen war sie erneut die weltgrößte Fahrradmesse. Die Aussteller präsentieren hier ihre Neuheiten und Trends einem internationalen Fachpublikum. Was sich bei der Eurobike durchsetzt, steht im kommenden Frühjahr in den Läden der Händler und ist im März 2012 bei der VELOBerlin zu sehen.

Wie die meisten Hersteller hat Lorenz Hoser seine Modellreihen durch E-Bikes ergänzt. Denn das Fahrrad mit Elektromotor hat sich als feste Größe etabliert. Der Zweirad-Industrie-Verband rechnet damit, dass in diesem Jahr rund 300 000 Stück abgesetzt werden, europaweit sollen es sogar 900 000 sein. In Deutschland entspricht das einem Marktanteil von fünf Prozent, Tendenz steigend.

Kaum ein Hersteller möchte deshalb auf dieses lukrative Geschäft verzichten, Hawk Bikes sieht sich sogar als einer der Pioniere. „Wir haben 1998 das erste E-Bike auf den Markt gebracht, aber die Zeit war noch nicht reif dafür. Wir haben nur fünf Stück verkauft“, berichtet Hoser. Vor fünf Jahren nahm die Fahrradschmiede aus Friedenau den Zukunftsmarkt erneut in Angriff. „Gerade in Berlin und anderen Großstädten wird das Thema urbane Mobilität zunehmend wichtiger“, glaubt Hoser. „Je teurer, unpraktischer und insgesamt unattraktiver Autos im innerstädtischen Verkehr werden, desto größer sind die Chancen für innovative Nahverkehrskonzepte.“ Viele Markenhersteller sprechen mit ihren Modellen vor allem die Zielgruppe 50 plus an. Die elektrische Tretunterstützung – der eingebaute Rückenwind – verspricht eine komfortable Fortbewegung, auch wenn man nicht mehr so fit ist.

Ob sich andere Altersgruppen für das E-Bike erwärmen können, hängt auch am äußeren Erscheinungsbild. „In unserer Classic-Serie bieten wir Räder im Design von 1920 an, für Kunden mit einem ausgefallenen Geschmack. Die Räder sind zeitlos schön und so klassisch wie ein Nadelstreifenanzug“, sagt Hoser. „Damit besetzen wir ein Marktsegment, auf dem es nicht sehr viele Anbieter gibt. Und alle Classic-Bikes gibt es jetzt auch mit Elektrounterstützung.“ Dem Standort Deutschland ist Hawk treu geblieben. Auch wenn die einzelnen Komponenten aus aller Welt kommen, werden die Räder in Zerbst in Sachsen-Anhalt gefertigt. Rund 5000 Stück wurden im vorigen Jahr verkauft, der Umsatz des Mittelständlers lag bei etwa drei Millionen Euro.

Lesen Sie auf Seite zwei: Wie es auf dem Zweirad-Nischenmarkt weitergeht.

Um für die Zukunft gerüstet zu sein, hat Hoser zusätzlich die Clean Air Bike GmbH gegründet: als eine Ideenschmiede. Zurzeit erprobt er dort Fahrräder mit Brennstoffzellenantrieb. „Wir haben seit der WM 2006 einen Feldversuch mit der Telekom. Dort sind 40 Dreiräder mit Neigetechnik und Brennstoffzelle im Einsatz.“ Sofern die Zelle mit Energie aus Wasserstoff gespeist wird, sieht er darin den Antrieb der Zukunft. „Theoretisch wäre das System schon marktreif, allerdings fehlt noch die gesamte Infrastruktur drumherum. Es gibt eben noch keine Wasserstoff-Tankstellen, an denen ich meine Brennstoffzelle wieder aufladen könnte.“ Hoser ist fest davon überzeugt, dass das E-Bike in vielen Varianten und Spielarten eine Zukunft hat.

Mit einem Nischenprodukt im Bereich der E-Bikes ist die Berliner Electric Move GmbH auf der Eurobike vertreten. Mit 25 Mitarbeitern vertreibt das Unternehmen das einzige vollgefederte Klapprad mit Elektroantrieb. Rund 1000 Stück wurden davon im vergangenen Jahr verkauft. Verkaufsleiter Thomas Engler kennt seine Kundschaft: „Unsere Käufer haben oft ein Wohnmobil, ein Boot oder verbringen viel Zeit auf Campingplätzen. Ein Klapprad nimmt einfach wenig Platz weg. Auch Golfplätze, Flughäfen, Messen oder große Hotelanlagen setzen zunehmend auf E-Bikes. Eben überall dort, wo ständig größere Entfernungen zurückgelegt werden müssen.“

In weniger als einer Minute ist das E-Klapprad zu einem handlichen Paket zusammengefaltet. 30 bis 40 Mal hat Engler diesen Vorgang jeden Tag auf der Messe demonstriert. „Vor allem Einkäufern aus Asien und Fernost gefällt der praktische und unkomplizierte Mechanismus.“ Ob sich die Eurobike für ihn gelohnt hat, muss sich zeigen. Die meisten Aufträge kommen erst viele Wochen später. Dann zeigt sich, ob das E-Bike auch den Händlern und Herstellern Rückenwind bringt.

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