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Voller Einsatz: Ein Landwirt düngt mit Gärresten aus einer Biogasanlage ein Feld.

© dpa

Einigung bei Düngeverordnung: Der Güllestreit ist vorbei

Der Bundesrat will das Grundwasser besser schützen und stimmt den verschärften Regeln zu. Die Bauern gewinnen aber Zeit.

Jahrelang hatten Umweltschützer und Bauernvertreter gestritten, jetzt ist der Streit um die verschärfte Düngeverordnung beendet.

Am Freitag stimmte der Bundesrat gegen den Protest Bayerns den neuen Vorschriften zu, die das Grundwasser vor zu viel Gülle und zu hohen Nitratwerten schützen sollen. Tausende Landwirte waren in den vergangenen Monaten auf die Straße gegangen, um die Verschärfung zu verhindern. Das ist ihnen zwar nicht gelungen, für die laufende Güllesaison haben sie jedoch zumindest einen Zeitaufschub erreicht.

Landwirte haben Zeit gewonnen

Der Kern der Verordnung muss später umgesetzt werden als geplant.

Die Ausweisung von sogenannten „roten Gebieten“, in denen die Nitratbelastung des Grundwassers besonders hoch, ist, wird erst zum 1. Januar 2021 wirksam. In diesen Gebieten dürfen Landwirte künftig pauschal 20 Prozent weniger düngen. Die Bauern hatten Ernteverluste befürchtet und daher gegen die Beschränkung gekämpft. Erfolglos. Als Zugeständnis an die Coronakrise und die damit verbundene Belastung der Landwirte hatte sich die EU-Kommission jedoch zuletzt auf eine mehrmonatige Verschiebung bis zum Jahreswechsel eingelassen.

Brüssel macht Druck

Brüssel war der treibende Faktor im Düngestreit. Weil Deutschland sein Grundwasser nicht gut genug schützt, hatte die EU-Kommission die Bundesrepublik verklagt und 2018 vor dem Europäischen Gerichtshof Recht bekommen. Zwar war die Düngeverordnung darauf hin verändert worden, der EU-Kommission hatte die Nachbesserung allerdings nicht gereicht. Die Kommission drohte mit einem erneuten Verfahren. Das hätte für Deutschland schlimmstenfalls Bußgelder von mehr als 850.000 Euro am Tag bedeutet. Das ist jetzt vom Tisch.

Zu viele Schweine auf zu engem Raum: Das Gülleproblem ist in Gegenden mit Intensivtierhaltung besonders groß.
Zu viele Schweine auf zu engem Raum: Das Gülleproblem ist in Gegenden mit Intensivtierhaltung besonders groß.

© imago

Verantwortlich für die Belastung des Grundwassers sind vor allem die Betriebe mit Massentierhaltung. Die Ausscheidungen von Zehntausenden Schweinen oder Hunderttausenden Hühnern überfordern die Böden, die in der Nähe der Anlagen liegen. Die Gülle landet im Grundwasser, das von den Wasserbetrieben aufwendig gereinigt werden muss. Die „roten Gebiete“ ballen sich daher in Gegenden mit Intensivtierhaltung, Berlin und Brandenburg sind von dem Problem so gut wie nicht betroffen.

Bundesumweltministerin Schulze: "Das war ein echter Kraftakt"

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), die zusammen mit Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) in Brüssel verhandelt hatte, zeigte sich am Freitag erleichtert. „Das war ein echter Kraftakt“, sagte Schulze. Für die Verbraucher seien die neuen Regeln ein Entlastung. „Denn je sauberer das Grundwasser wird, desto weniger kostet die Trinkwasseraufbereitung, die jeder einzelne Haushalt bezahlen muss“.

Der Naturschutzbund forderte jedoch weitere Schritte. „Die in Teilen Deutschlands zu intensive Tierhaltung muss verringert werden“, meint Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Krüger hält eine Begrenzung der Tierzahl pro Hektar für nötig.

Das sind die neuen Vorschriften

Die neue Düngeverordnung sieht längere Sperrfristen in den Herbst- und Wintermonaten vor, in denen bundesweit nicht gedüngt werden darf. Das Düngen auf gefrorenem Boden wird verboten, der Düngereinsatz in der Nähe von Gewässern und an Hanglagen wird erschwert.

Kern der Reform ist jedoch eine bessere Überwachung der Gewässer und die Ausweisung von „roten Gebieten“. Für die Messstellen soll es künftig bundesweit einheitliche Vorgaben geben. Bisher messen die Länder nämlich sehr unterschiedlich und oft auch falsch. Nordrhein-Westfalens Agrarministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) hatte kürzlich im Tagesspiegel-Interview berichtet, dass eine Überprüfung der Messstellen in ihrem Bundesland eine Fehlerquote von zehn Prozent ergeben hatte.
Der Deutsche Bauernverband kritisierte die neue Düngeverordnung als „fachlich mangelhaft“. Eine bedarfsgerechte Düngung sei zukünftig nicht mehr möglich, erklärte Präsident Joachim Rukwied am Freitag. Der Bauernbund Brandenburg sprach von einem „Schlag ins Gesicht der Bauern“. Dagegen bot die neue Bauernvertretung „Land schafft Verbindung“ Unterstützung bei der Umsetzung der Verordnung an: „Unsere Aufgabe ist es, an einem Konzept mitzuarbeiten, das alle Belange berücksichtigt“, hieß es in einer Erklärung.

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