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Eine Frage der Dosis: Dünger ist Nahrung für die Pflanzen, zu viel davon belastet das Grundwasser.

© picture alliance / dpa

Einigung bei Düngeverordnung: Länder sollen jetzt bloß keinen Mist machen

Bundesregierung und EU einigen sich, nun muss der Bundesrat zustimmen. Agrarministerin Klöckner macht Druck. Sonst drohen Strafgelder von 850.000 Euro am Tag.

Der monatelange Streit zwischen der Bundesregierung und Brüssel über schärfere Düngeregeln für Bauern ist beendet. Wie ein Sprecher des Bundesagrarministeriums am Freitag mitteilte, ist die EU-Kommission mit den Vorschlägen für eine Verschärfung der Düngeverordnung einverstanden und wird keine Klage gegen Deutschland erheben. „Nun sind die Länder am Zug“, sagte der Sprecher. Der Bundesrat soll die neuen Regeln am 3. April verabschieden. Damit würde man den Zeitplan einhalten, den die EU-Kommission vorgegeben hat. Sollte die Länderkammer aber nicht zustimmen, sehe sich die EU-Kommission gezwungen, doch noch das Klageverfahren einzuleiten.

Grundwasser ist belastet

Brüssel macht seit Jahren Druck auf Deutschland, weil an vielen Messstellen die Grenzwerte für Nitrat im Wasser überschritten sind. Das liegt vor allem an der Gülle aus den Massentierhaltungsanlagen, die auf den Feldern verstreut wird. Der Boden kann die Massen nicht aufnehmen, ein Großteil landet daher im Grundwasser und muss aufwendig herausgefiltert werden.

Der Europäische Gerichtshof hat der EU im Düngestreit bereits Recht gegeben. Das Gericht hatte im Juni 2018 geurteilt, dass Deutschland gegen die europäische Nitratrichtlinie zum Schutz des Grundwassers verstößt. Die Bundesregierung hatte die Düngeverordnung erst 2017 novelliert, die EU-Kommission in Brüssel hält dies aber für nicht ausreichend. Sie pochte auf Nachbesserungen.

Deutschland drohen Strafzahlungen von bis zu 850.000 Euro am Tag, falls die Regierung das Grundwasser nicht besser vor Nitrateinleitungen schützt. Um das zu verhindern, hatten sich Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) darauf geeinigt, den Einsatz von Dünger in den besonders belasteten Gebieten um 20 Prozent zu kürzen. Auch soll zwischen Düngeflächen und Gewässern mehr Abstand bleiben, außerdem sollen die Zeiten, in denen nicht gedüngt werden darf, ausgeweitet werden.

Rote Gebiete: Vor allem Regionen mit großen Ställen sind betroffen.
Rote Gebiete: Vor allem Regionen mit großen Ställen sind betroffen.

© Gitta Pieper-Meyer

Der Bauernverband hält das für falsch. Bauernpräsident Joachim Rukwied hat den Bundesrat aufgefordert, die neue Verordnung noch zu ändern. Er lehne "nach wie vor" die in sogenannten roten Gebieten geplante Deckelung der Düngung und das Verbot der Düngung von Zwischenfrüchten im Spätsommer ab, erklärte Rukwied am Freitag in Berlin. Diese Regelungen seien "fachlich nicht nachvollziehbar". Die Länderkammer müsse zudem Erleichterungen für Betriebe schaffen, die nachweislich gewässerschonend wirtschafteten.

Zu viele Tiere, zu viel Mist: Der Boden kann die Gülle nicht aufnehmen.
Zu viele Tiere, zu viel Mist: Der Boden kann die Gülle nicht aufnehmen.

© imago

Die geplante Verschärfung treibt die Bauern seit Monaten auf die Straße. Die Landwirte befürchten, dass sie ihre Pflanzen nicht ausreichend ernähren können. Zudem zweifeln sie an den Messdaten. Tatsächlich ist das Messstellennetz von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Das soll sich ändern.

Künftig soll es der Bundesregierung per Verwaltungsvorschrift möglich sein, bundeseinheitliche Kriterien in Bezug auf Gebietskulissen und Messstellen in den Bundesländern festzulegen. „Durch die verpflichtende Binnendifferenzierung von belasteten Grundwasserkörpern erfolgt die Ausweisung der Gebiete mit zusätzlichen Auflagen künftig passgenauer und am Verursacherprinzip orientiert“, betonte Klöckners Sprecher.

Ministerium: Bundesländer sollen zustimmen

Er appellierte an die Länder, der Reform zuzustimmen. Bei Änderungswünschen müsste die Regierung noch einmal über die Verordnung beraten. Sie kann die Änderungswünsche der Länderkammer aber ablehnen. Bayern meldete bereits Beratungsbedarf an.

„Dass eine bedarfsgerechte Düngung von Grünland in roten Gebieten verankert werden konnte, ist ein großer Erfolg unseres Einsatzes für fachlich sinnvolle Lösungen“, sagte Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) am Freitag in München. Auch bei den von der EU-Kommission geforderten Anpassungen bei der Ausweisung der roten Gebiete mit besonders hoher Nitrat-Belastung sei man einen wichtigen Schritt weitergekommen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte Landwirten, die bei der CSU-Klausurtagung im Kloster Seeon demonstriert hatten, seine Unterstützung zugesagt.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner hofft, dass die Länder der Reform zustimmen.
Bundesagrarministerin Julia Klöckner hofft, dass die Länder der Reform zustimmen.

© dpa

Die Länder haben nach Inkrafttreten der Düngeverordnung sechs Monate Zeit, die roten Gebiete nach den Vorgaben des Bundes anzupassen. „Ich fordere alle Beteiligten auf, das Ziel der EU-Kommission im Auge zu behalten, die Ausweisung der roten Gebiete verursachergerechter zu gestalten. Dazu ist es aber notwendig, dass der Bund schnellstmöglich die dafür vorgesehene allgemeine Verwaltungsvorschrift auf den Weg bringt“, sagte Kaniber. Im Bundesrat werde sie sich mit Nachdruck für weitere Änderungen bei der Düngeverordnung einsetzen, sagte sie.

Dazu gehöre, dass die Düngung von allen Zwischenfrüchten auch in roten Gebieten möglich bleiben müsse. Auch müsse die Zeitspanne zur Aufzeichnung der Düngung erweitert werden, um bürokratische Hürden abzubauen. Um die notwendigen Anpassungen vornehmen zu können, müsse der Anwendungsbeginn für die Vorgaben zur Düngung auf den 1. Januar 2021 verschoben werden. Die neue Düngeverordnung soll im April in Kraft treten.

FDP: keine pauschalen Auflagen

Der agrarpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Gero Hocker, kritisierte am Freitag: "Wer glaubt, die Einhaltung der Nitratrichtlinie ausschließlich mit pauschalen Auflagen für die Landwirte erreichen zu können, irrt." Deutschland habe immer noch die viertniedrigste Nitratmessdichte in der EU, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

"Damit Erfolge messbar werden, braucht es endlich ein engmaschiges Messstellennetz, das auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Standards beruht." Nur so könne das beschädigte Vertrauen in die Bundes- und Landesbehörden wiederhergestellt werden.

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