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Zum Sparen haben die unteren Einkommensschichten kaum Geld. Sie werden wegen der hohen Konsumquote besonders durch die Mehrwertsteuer belastet.

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Einkommensverteilung in Deutschland: Gerecht steuern

Die Steuerbelastung ist hierzulande relativ homogen, doch Geringverdiener zahlen mehr für Konsum und können kaum sparen.

Die Starken müssen mehr schultern als die Schwachen – nach dieser Maßgabe ist das Steuersystem hierzulande konstruiert. Und im Großen und Ganzen stimmen Anspruch und Wirklichkeit auch überein. Durch das zunehmende Gewicht von Konsumsteuern hat sich indes in den vergangenen Jahren etwas verschoben. „Der Trend weg von der progressiven Einkommensteuer hin zu den indirekten Steuern hat zur zunehmenden Ungleichheit der Nettoeinkommen in Deutschland beigetragen“, fasste Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie unter dem Titel „Wer trägt die Steuerlast in Deutschland“ zusammen. Alles in allem sei die Steuerbelastung „insgesamt doch erstaunlich gleichmäßig und wenig progressiv“. Progressiv bedeutet, dass die Steuerlast mit wachsendem Einkommen zunimmt.

Direkte Steuern machen 53 Prozent aus

Bezogen auf einzelne Steuerarten ergibt sich ein differenziertes Bild. Die Einkommensteuer und Unternehmensteuern machen als die wichtigsten direkten Steuern knapp 53 Prozent des gesamten Steueraufkommens im Jahr 2015 aus, das Bach untersucht hat. Diese Steuer wirkt auch so progressiv, wie der Gesetzgeber das vorgibt: Die reichsten zehn Prozent der Haushalte zahlen fast 60 Prozent des gesamten Aufkommens, während die untere Hälfte der Haushalte nur fünf Prozent beiträgt. Gewissermaßen an der Spitze der progressiven Steuertabelle liegt das reichste Hundertstel der Haushalte, indem es gut ein Viertel der gesamten Einkommensteuern zahlt.

Indirekte Steuern kommen auf 46 Prozent

Die indirekten Steuern kamen im untersuchten Zeitraum auf einen Anteil von gut 46 Prozent an den gesamten Steuern. Das größte Gewicht hat hier mit Abstand die Umsatzsteuer, gefolgt von der Energie- und Stromsteuer, der Tabaksteuer, Versicherungssteuer, Grund- und Grunderwerbsteuer und der Kfz- Steuer, um die wichtigsten zu nennen. Diese indirekten Steuern „wirken stark regressiv“, schreibt das DIW. Die einkommensschwächsten zehn Prozent der Haushalte geben demnach 23 Prozent ihres Bruttoeinkommens für diese indirekten Steuern aus, die obersten zehn Prozent dagegen nur sieben Prozent ihres Einkommens. „Da die direkten Steuern auf die Konsumausgaben überwälzt werden, belasten sie das Existenzminimum“, schreibt das DIW. Das wiederum widerspräche dem „Leistungsfähigkeitsprinzip“, nach dem nur Einkommen jenseits des Grundbedarfs besteuert werden sollten, „und das von vielen VerfassungsrechtlerInnen für die direkten Steuern hervorgehoben wird“, heißt es weiter im jüngsten DIW-Wochenbericht.

2007 wurde die Mehrwertsteuer stark erhöht

Die Studie der Berliner Wissenschaftler war von der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegeben worden. Die Stiftung weist darauf hin, dass von der Anhebung der Mehrwertsteuer – die von der damaligen großen Koalition zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 Prozent gesetzt worden war – und von den stetig steigenden Steuern und Abgaben auf Energie in den vergangenen Jahren die ärmeren Haushalte überproportional betroffen waren. „Unter dem Strich beläuft sich die Mehrbelastung des ärmsten Zehntels bei den Steuern zwischen 1998 und 2015 auf 5,4 Prozent des Bruttoeinkommens, die Entlastung des reichsten Zehntels auf 2,3 Prozent“, resümiert die Böckler-Stiftung das Zahlenwerk des Berliner Forschungsinstituts. Die Umverteilungswirkung des Steuersystems habe also deutlich abgenommen. Um kleinere Einkommen stärker zu entlasten, regt DIW-Mitarbeiter Bach an, den „schnellen Anstieg“ bei den Einkommensteuersätzen zu reduzieren oder weniger Sozialabgaben zu kassieren.

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