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Wirtschaft: Einzelhandel: Branche profitiert kaum vom Aufschwung

Der deutsche Einzelhandel kann vom Konjunkturaufschwung bisher kaum profitieren. "Dem Einzelhandel geht es allemal minimal besser", sagte Walter Deuss, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (BAG), am Mittwoch in Berlin.

Der deutsche Einzelhandel kann vom Konjunkturaufschwung bisher kaum profitieren. "Dem Einzelhandel geht es allemal minimal besser", sagte Walter Deuss, Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (BAG), am Mittwoch in Berlin. Die positiven Wachstumsprognosen gäben zwar Hoffnung auf eine Klimabesserung, mit harten Zahlen lasse sich dies aber noch nicht belegen.

Die Wachstumsimpulse gingen schwergewichtig vom Export aus, während die Binnennachfrage immer noch hinterherhänge, sagte Deuss, der auch Vorstandschef der Karstadt-Quelle AG ist. Er erwarte zwar, dass der Aufschwung und die entlastenden Effekte der Steuerreform auch den privaten Verbrauch beleben werden. "Inwieweit der Einzelhandel im engeren Sinn davon profitieren kann, bleibt angesichts seines schwindenden Anteils an den gesamten Verbrauchsausgaben offen." Die privaten Haushalte verwendeten ihren Kaufkraftzuwachs vor allem für anziehende Mieten, steigende Energiepreise und höhere Ersparnisse. Deuss verbreitete "bescheidenen Optimismus für das zweite Halbjahr". In der ersten Jahreshälfte sei die Tendenz "eher stagnierend gewesen mit einem kleinen Tick nach oben, vielleicht um ein Prozent".

Von dem "gnadenlosen Preiskampf" im Lebensmittelbereich seien die BAG-Mitgliedsfirmen zwar weniger betroffen, da sie nur vereinzelt mit Lebensmitteln handelten. "Der erheblich verschärfte Wettbewerb geht aber nicht spurlos an ihnen vorüber." Die Bemühungen des Kartellamtes sehe man einerseits mit Sympathie, zugleich aber mit "ordnungspolitischer Skepsis, weil wir neue Regulierungen befürchten".

Schon im schwachen Jahr 1999 habe der harte Wettbewerb selbst geringfügige Anhebungen des Preisniveaus kaum zugelassen. Insgesamt habe der deutsche Einzelhandel im vergangenen Jahr 974 Milliarden Mark umgesetzt, was ein wertmäßiges Plus von 1,3 Prozent bedeutete. Im Einzelhandel im "engeren Sinn" (ohne Kraftfahrzeuge, Mineralölprodukte und das Apothekengeschäft) sei ein Plus von 0,7 Prozent - sowohl brutto wie auch preisbereinigt - erzielt worden, die Umsatzentwicklung verlief also inflationsfrei.

Der BAG-Präsident bedauerte, dass im Streit zwischen Regierung und Opposition die Reform der Unternehmensbesteuerung, die ein positives Signal für in- und ausländische Investoren bedeute, insgesamt in Frage stehe. Er kritisierte allerdings die höhere Steuerbelastung für Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften. Schließlich sei die weit überwiegende Mehrzahl der Unternehmen einschließlich des mittelständischen Einzelhandels als Personengesellschaften organisiert. Die BAG plädiere also - wie die Oppositionsparteien - für einen einheitlichen Einkommensbegriff und für eine deutliche Senkung der Spitzensteuersätze.

Deuss sprach sich für eine weitere Lockerung der Ladenöffnungszeiten vor allem an Samstagen aus und kritisierte die Sonderregelung für die Bahnhöfe, die systematisch zu Shopping-Centern ausgebaut würden. Die BAG unterstütze den Vorschlag des Deutschen Städtetages für eine räumliche Differenzierung der Ladenöffnungszeiten, das heißt bessere Regelungen für die Innenstädte, um diese wieder stärker zu beleben.

Im E-Commerce sorge die jüngste EU-Richtlinie mit dem Herkunftslandprinzip für Verwirrung, erklärte Deuss. "Im Ergebnis laufen wir Gefahr, dass sich 15 unterschiedliche Rechtsordnungen im Internet tummeln. Denn jeder Anbieter muss die Vorschriften einhalten, die im Land seiner Niederlassung gelten." Die deutschen Teilnehmer müssten aber das höchste Regulierungsniveau in Europa einhalten und würden so benachteiligt. Deuss gab sich überzeugt, dass das Rabattgesetz fällt.

bfr

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