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In Geldnot. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), hier am Steuer eines E-Smarts, bekommt derzeit zu wenig Geld aus dem Klimafonds.

© dpa

Elektromobilität: Bund bremst E-Autos aus

Der Handel mit CO2-Zertifikaten wirft weniger ab als erhofft. Im Klimafonds der Bundesregierung fehlt deshalb Geld. Mit drastischen Folgen für eine Zukunftsbranche: Die Elektromobiliät wird mit 400 Millionen Euro weniger gefördert.

Das zentrale Vorhaben der Bundesregierung, Deutschland zum weltweit führenden Standort für Elektromobilität zu machen, hat massive Startschwierigkeiten. Die öffentliche Förderung, die sich aus dem Energie- und Klimafonds speist, der die Energiewende finanzieren soll, kann offenbar nur zu etwas mehr als der Hälfte realisiert werden. Der Grund: akuter Geldmangel.

Statt der für 2012 und 2013 zugesagten 977 Millionen Euro stehen nach Tagesspiegel-Informationen nur rund 560 Millionen Euro zur Verfügung. Während die Industrie vor einem Scheitern des prestigeträchtigen Milliardenprojekts Elektromobilität warnt, muss man in Berlin und anderen Regionen fürchten, dass der Bund wegen fehlender Einnahmen die Förderung des Projekts „Schaufenster Elektromobilität“ mit 180 Millionen Euro weitgehend streichen muss.

„Das kann und wird sich die Bundesregierung politisch nicht leisten“, sagte Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität (Emo), dem Tagesspiegel. Der Schaufenster-Wettbewerb habe internationale Ausstrahlung, „es wurde die halbe Republik dafür mobilisiert“, sagte der Emo-Chef. Es sei schwer vorstellbar, dass der Bund nun der Hälfte aller Vorhaben den Geldhahn zudrehe. Berlin als Hauptstadt gilt als einer der Favoriten für die Schaufenster- Förderung. Mit 35 Kernprojekten mit einem Volumen von 165 Millionen Euro hat sich das Land beworben – und hofft auf eine Bundesförderung in Höhe von 65 Millionen Euro. Mehr als 250 Partner stehen hinter der Bewerbung, darunter alle deutschen Autohersteller und die Energieversorger Vattenfall, RWE und Eon.

„Richtig ist, dass uns derzeit nur 50 Prozent der Barmittel für 2012 und 60 Prozent der ursprünglich vorgesehenen Mittel für die Folgejahre aus dem Energie- und Klimafonds zur Verfügung stehen“, hieß es am Freitag im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Auch das Umwelt-, Verkehrs- und Forschungsministerium, die die Elektromobilität ebenfalls fördern, müssen mit gekürzten Mitteln auskommen. Dies geht aus einer Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die dieser Zeitung vorliegt.

Die Regierung hatte für die finanzielle Unterstützung der E-Auto-Entwicklung bis 2013 eine Milliarde Euro eingeplant, die aus dem Energie- und Klimafonds stammen sollten. In den Fonds fließen in erster Linie Einnahmen aus dem Verkauf von Kohlendioxid-Verschmutzungsrechten. Deren Preise sind jedoch drastisch gefallen, so dass sich die Einnahmen des Bundes entsprechend reduzieren. Kritiker bemängeln, dass es zu viele CO2-Zertifikate auf dem Markt gibt; dies drücke den Preis. Der Emissionshandel, also der Verkauf von CO2-Zertifikaten an die Unternehmen, sollte dem Bund kalkulierte 17 Euro pro Recht auf Ausstoß einer Tonne CO2 bringen. Derzeit liegt der Preis bei acht Euro.

Ob der Bund trotz der klammen Finanzausstattung des Klimafonds tatsächlich wie angekündigt drei bis fünf Schaufenster-Regionen fördern kann, ist offen. Nach Informationen der „Wirtschaftswoche“ rechnet das Bundeswirtschaftsministerium damit, dass die Mittel nur noch für zwei Schaufenster reichen werden. „Die hauen uns hier gerade die Beine weg“, wird ein Referatsleiter zitiert. Die Regierung habe noch nicht entschieden, ob die aktuelle Einnahmesituation auch Auswirkungen auf den Schaufensterwettbewerb haben werde, teilte das Finanzministerium mit. Derzeit läuft das Auswahlverfahren. In Kürze soll die Entscheidung fallen, wer gefördert wird.

Hamburg, das 77 Projekte mit einem Volumen von insgesamt mehr als 160 Millionen Euro eingereicht hat, zeigte sich trotz der drohenden Kürzungen gelassen. „Wir sind von unserer Bewerbung als Schaufenster überzeugt. Wir gehen davon aus, dass wir weiterhin eine reale Chance haben, dabei zu sein“, sagte der Hamburger Senator für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Frank Horch (parteilos), dem Tagesspiegel.

In Sorge ist hingegen die deutsche Autoindustrie. „Im Moment werden die Entscheidungen für wichtige Projektanträge nicht getroffen oder Zuwendungsbescheide infrage gestellt“, sagte Bosch-Manager Bernd Bohr in Stuttgart. Planungssicherheit über die gesamte Laufzeit der Vorhaben und Wahlperioden sei jedoch entscheidend. Auch Daimler äußerte sich enttäuscht, nachdem der Bund die „Schaufenster“ nicht mehr garantieren will. Ein Sprecher sagte, ein Ausfall der Förderung sei schade. So werde es schwieriger, das Ziel für die Elektromobilität in Deutschland zu erreichen.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verwies darauf, dass 2012 wichtige Weichen für die Markteinführung von Elektrofahrzeugen gestellt würden. Die Schaufensterregionen spielten dabei eine besondere Rolle. „Wir verlassen uns auf das Wort der Bundesregierung, die zugesagten Schritte zur Förderung umzusetzen“, sagte eine Sprecherin. (mit mod, rtr)

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