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Elektroautos sind noch sehr teuer. Die Politik streitet über eine Kaufprämie.

© dpa

Elektromobilität: Gipfel soll über Förderung von E-Autos entscheiden

Ein Treffen im Kanzleramt soll Klarheit über die Zukunft der Elektromobilität bringen. Vor allem die Einführung einer Kaufprämie für Elektroautos ist strittig.

Die Wette gilt: Harald Krüger (BMW), Matthias Müller (Volkswagen) und Dieter Zetsche (Daimler) werden am Dienstag mit brandneuen Elektroautos aus eigener Produktion vor dem Kanzleramt vorfahren. Die Hausherrin, Angela Merkel (CDU), hat zum Elektro-Gipfel geladen – und die drei Autobosse werden alles tun, um sich als Vorreiter des Batterie-Zeitalters zu präsentieren. Auch Merkels Duzfreund Matthias Wissmann, Präsident des Autoverbandes VDA, ist dabei. Als ehemaliger CDU-Verkehrsminister kennt er das politische Geschäft – und die schwierige Suche nach einem Kompromiss, der alle gut aussehen lässt.

Die große Koalition streitet über die Förderung der Elektromobilität

Der Einsatz in Berlin soll sich lohnen, es geht ums Geld: Merkel hat 2015 angekündigt, dass die Bundesregierung mehr für die finanzielle Förderung der Elektromobilität tun will – doch passiert ist nichts. Die Zulassungszahlen für Elektroautos fallen im internationalen Vergleich zurück Will sich die Autonation Deutschland nicht blamieren, muss der politisch gewollte „Leitmarkt“ – eine Million E-Autos im Jahr 2020 – angeschoben werden. Doch die Große Koalition ist zerstritten, zum Beispiel darüber, ob private E-Autokäufer eine Kaufprämie erhalten sollen und wie diese finanziert werden könnte. Das Projekt würde wohl mehr als zwei Milliarden Euro kosten, wie Berater von Roland Berger ausgerechnet haben. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist dagegen, ebenso Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara Hendricks (beide SPD) plädieren dafür. Nun macht Merkel das Thema zur Chefsache – und will offenbar einen größeren Beitrag der Autoindustrie einfordern.

Wirtschaftsminister Gabriel fordert Kaufzuschüsse

Im Vorfeld des Treffens sind die Dinge in Bewegung geraten. Nach SPD-Chef Gabriel sprach sich auch CSU-Mann Horst Seehofer als zweiter Parteivorsitzender der großen Koalition für Kaufzuschüsse aus. Ziel sei, eine Schlüsseltechnologie, in der es brutalen Wettbewerb auf der ganzen Welt gebe, in Deutschland zukunftsfähig zu machen, sagte der bayerische Ministerpräsident am Freitag in Berlin. Mit Blick auf den Parteikollegen Dobrindt sagte Seehofer, er denke, dass dieser „ein bayerischer Bundesminister ist und dass er zu einer Lösung im Bund beiträgt“.

Aus Modell aus Bayern soll Vorbild sein

Ein Modell aus Bayern soll Vorbild für Deutschland sein – entgegen den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag, der Kaufprämien ablehnt: Die bayerische Staatsregierung hatte sich in der vergangenen Woche in einem gemeinsamen Positionspapier mit BMW und Audi für Kaufprämien für Elektroautos und Plug-in-Hybride ausgesprochen. An einer Prämie von 4000 bis 5000 Euro sollten sich der Bund sowie die Autobranche beteiligen, hatte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) gesagt. Die Rede ist von einem Eigenbeitrag der Hersteller in Höhe von 1500 bis 2000 Euro. Ob sich neben BMW und der VW-Tochter Audi auch Daimler beteiligen würde, ist offen. „Vorschläge gibt es viele – wir schauen erstmal, was am Dienstag passiert“, sagte eine Sprecherin. Ein Fonds ist im Gespräch, aus dem die Prämien gezahlt werden und in den die Hersteller einzahlen. Um die von den Gegnern befürchteten Mitnahmeeffekte zu vermeiden, soll für bestellte und bereits gekaufte E-Autos eine Stichtagsregelung gelten.

Verkehrsminister Dobrindt steht unter Druck

Auch VDA-Präsident Wissmann wollte sich vor dem Auto-Gipfel nicht festlegen. „Damit der Markt spürbar hochläuft, braucht es Anreize für die Käufer“, sagte er dem Tagesspiegel. „Das kann eine direkte Förderung sein, wie die Initiative aus Bayern sie vorschlägt, oder steuerliche Vorteile oder eine Kombination von beidem.“ Ilse Aigner indes fordert rasche Lösungen – und bringt damit Parteifreund Dobrindt unter Druck: „Nur eine Kaufprämie bringt schnelle Fortschritte am Markt. Sie wirkt schneller und breiter als Steueranreize – und wir können sie unproblematisch umsetzen“, sagte die bayerische Ministerin dem Tagesspiegel. Bei einer Kaufprämie bestehe nicht die Gefahr, „dass sie sich monate- oder jahrelang im Bundesrat verheddert – wie etwa die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung“.

Finanzminister Schäuble lehnt eine staatliche Förderung der Elektromobilität ab

Würde sich Dobrindt auf CSU-Linie bringen lassen, hinge die Finanzierung des Prämien-Modells an Wolfgang Schäuble. Der Finanzminister freilich ließ per Interview noch einmal wissen, dass es nicht die Aufgabe des Staates sei, beim Absatz von Autos behilflich zu sein. „Die Autoindustrie mahnt uns ansonsten ja immer, auf marktwirtschaftliche Prinzipien zu achten“, sagte Schäuble. Im übrigen bleibe die „Notwendigkeit einer soliden Finanzpolitik“ bestehen. Ob ein Vertreter des Ministeriums oder Schäuble selbst am Dienstag am Auto-Treffen teilnimmt, wollte sein Sprecher nicht sagen.

Experten warnen vor einer erneuten Vertagung der Entscheidung

Experten warnen derweil davor, die Entscheidung erneut zu vertagen. „Wenn nicht massiv gegengesteuert wird, droht Deutschland bei der Elektromobilität abgehängt zu werden“, glaubt Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management. „Dies würde dem Automobilstandort Deutschland schwer schaden.“

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