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Smartes Geschäft. Infineon hat mit Mobilfunkchips vom Smartphone-Boom profitiert. Der Verkaufspreis von 1,1 Milliarden Euro für die Sparte stimmt, sagen Analysten.

© ddp

Elektronik: Infineon wird kleiner

Der Halbleiter-Konzern Infineon verkauft seine Handychip-Sparte an Intel – und konzentriert sich auf Autos und Sicherheit.

Berlin - Überraschungen scheinen ein Teil des Geschäftsmodells von Infineon zu sein. Als der Münchener Halbleiterkonzern am Montag ein seit Monaten erwartetes Geschäft abschloss – den Verkauf seiner Mobilfunkchipsparte an Intel – war dies gewissermaßen auch eine Überraschung. Denn selten konnten Anleger an der Börse so zuverlässig auf einen erfolgreichen Deal bei Infineon wetten. Nach etlichen Führungskrisen, glücklosen Verkäufen, Kurseinbrüchen und Milliardenverlusten hielt Infineon zuletzt unerwartet Kurs: Für umgerechnet 1,1 Milliarden Euro verkauft das Dax-Unternehmen den Rest seiner Telekommunikationstechnik an den amerikanischen Marktführer.

Ein Verkauf zum richtigen Zeitpunkt und zu einem guten Preis, lobten Analysten. Auch der Erlös lag im Rahmen ihrer Erwartungen. Folgerichtig wurden am Montag die zuletzt erzielten Kursgewinne am Aktienmarkt eingesammelt: die Infineon-Aktie verlor 3,7 Prozent auf 4,44 Euro.

Die Veräußerung der Handychipsparte Wireless Solutions ist alles andere als ein Notverkauf. „Alle Seiten profitieren stark von dieser Transaktion“, sagte Vorstandschef Peter Bauer. Die Sparte wird im laufenden Quartal zum größten Umsatzbringer von Infineon aufsteigen und für ein Drittel der Konzerneinnahmen sorgen. Jahrelang schrieb Infineon hier Verluste, ehe Bauer den Geschäftszweig sanierte und unter die drei weltgrößten Anbieter führte. Das Timing stimmte: Infineon profitierte vom Boom der technisch aufgerüsteten Smartphones. Für das aktuelle Geschäftsjahr peilt das Segment, das unter anderem Nokia, Samsung und Apple beliefert, einen Umsatz von knapp 1,2 Milliarden Euro an. Warum also verkaufen?

„Der Verkauf erlaubt Infineon, sich auf sein renditeträchtiges Geschäft zu fokussieren. Der Erlös sollte dazu verwendet werden, die Segmente Automobil und Industrie zu stärken“, sagte Analyst Theo Kitz von Merck Finck. Die Auto- und Industriesparte sowie die Herstellung von Sicherheitschips für Bankkarten und Ausweise betrachtet Infineon schon länger als sein Kerngeschäft. Hier läuft es für den Dax-Konzern prächtig.

Infineon hat nach einem starken dritten Quartel die Prognose für das am 30. September endende Geschäftsjahr 2009/2010 angesichts der weltweit kräftig gestiegenen Nachfrage zum dritten Mal in Folge nach oben geschraubt. Für das Geschäftsjahr rechnet der Konzern mit einem Umsatz von bis zu 4,5 Milliarden Euro. Damit könnte das Jahr nach den Verlusten im Vorjahr zu einem der erfolgreichsten in der turbulenten Geschichte des Konzerns werden.

Aktionäre, die vor anderthalb Jahren bei Infineon eingestiegen sind, frohlocken: Gemessen an ihrem Kurs von Ende Februar 2009, als das Papier knapp über dem Nullpunkt nur noch 47 Cent kostete, hat die Aktie fast 1000 Prozent gewonnen. Dabei wollte zum damaligen Zeitpunkt eigentlich niemand an das glauben, was Infineon-Chef Bauer am Montag rückblickend so charakterisierte: eine Strategie, die den Wert von Infineon steigert. Infineon stand Anfang 2009 vielmehr vor dem Kollaps.

Die inzwischen abgewickelte Speicherchiptochter Qimonda hatte den Mutterkonzern fast mit in den Abgrund gerissen. Die Qimonda-Pleite kostete rund 12 000 Menschen den Job. Die ehemalige Siemens-Tochter Infineon, deren „Volksaktie“ mit großem Werberummel im Jahr 2000 für 35 Euro an der Börse teuer verkauft wurde, war im extrem zyklischen Geschäft mit Halbleitern für Handys und Computer unter die Räder gekommen. Von einem zwischenzeitlichen Rekordkurs von 90 Euro Mitte 2000 konnten Aktionäre nur noch träumen.

Die Stabilisierung des Geschäfts brachte jedoch keine Ruhe ins Unternehmen. Erst zu Jahresbeginn 2010 schlug ein Machtkampf um die Spitze des Aufsichtsrats auf der Hauptversammlung hohe Wellen. Dann musste Finanzvorstand Marco Schröter Infineon wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die künftige Geschäftspolitik“ verlassen. Spekulationen über interne Zerwürfnisse im Top-Management machten die Runde. Böse Erinnerungen wurden geweckt an den Rausschmiss von Ex-Chef Ulrich Schumacher und die – für das Unternehmen erfolglose – juristische Aufarbeitung.

Am Montag war von der Vergangenheit keine Rede. Infineon-Chef Bauer feierte den Abschluss mit Intel als wegweisend für die Zukunft des Unternehmens, das nun kleiner ist, aber auch besser sein soll. „Das bietet eine hervorragende Perspektive für alle Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre von Infineon“, sagte Bauer. Auch Intel kann zufrieden sein. Mit der Technik der Münchner will der Chipkonzern vor allem das bislang schwache Geschäft mit mobilen Geräten wie Laptops und Netbooks ausbauen. Technisch öffnet der Deal Intel den Markt zu den europäischen Standards. Bisher hatte Intel bei der mobilen Kommunikation auf Technologien wie Wifi und Wimax gesetzt.

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