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Nie wieder bohren? Wann Mieter nicht mehr Schönheitsreparaturen übernehmen müssen.

© Kai Remmers

Ende der Schönheitsreparaturen?: Wann Mieter nicht mehr renovieren müssen

Der Bundesgerichtshof stärkt die Rechte von Mietern: Wird eine Wohnung unrenoviert übergeben, sind Klauseln im Mietvertrag zu fälligen Schönheitsreparaturen ungültig.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs können Tausende von Mietern aus ihrer Wohnung ausziehen, ohne zu renovieren. Der BGH hat am Mittwoch mehrere Klauseln zu Schönheitsreparaturen in Mietverträgen für ungültig erklärt. Danach kann der Vermieter keine Renovierung beim Auszug verlangen, wenn die Wohnung zu Mietbeginn unrenoviert übergeben wurde. Eine weitere Änderung wurde beschlossen: Bei geringer Abnutzung der Wohnung kann keine quotenmäßige Abschlagszahlungen mehr verlangt werden.

Damit hat der BGH-Senat seine eigene Rechtsprechung gekippt. Seit 1988 galt, dass ein Mieter unabhängig vom Wohnungszustand beim Einzug fällige Renovierungen beim Auszug machen muss. Weiter galt seit 2007, dass bei nur geringem Abnutzungsgrad ein prozentualer Abschlag für die Renovierung bezahlt werden muss.

Der für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat nahm drei Fälle zum Anlass, seine Rechtsprechung noch einmal völlig neu zu überdenken. In einem Fall war ein Paar 2002 in eine Wohnung in Berlin eingezogen. Beim Einzug strichen sie drei Zimmer selbst. Als sie neun Jahre später auszogen, führten sie unter Hinweis auf die vormals unrenovierte Wohnung keine Schönheitsreparaturen durch. Im Mietvertrag stand allerdings, dass die Mieter die Schönheitsreparaturen machen müssten. Fristen waren nicht vorgeschrieben. Der Vermieter verlangte Schadenersatz, weil er die Wohnung nun selbst herrichten müsse. Das Amtsgericht Tempelhof/Kreuzberg und das Landgericht Berlin verurteilten die Mieter zum Schadenersatz. Das Urteil wurde jetzt vom BGH aufgehoben. Die Mieter müssen nichts bezahlen.

Raucher müssen auch nicht zahlen

Der zweite Fall spielte in Hannover, hier ging es um einen Raucher, der nur drei Jahre lang in seiner Wohnung gewohnt hatte. Hier wollte der Vermieter eine Endrenovierung, obwohl beim Einzug nicht alles komplett neu renoviert war. Hier enthielt der Mietvertrag die flexiblen Fristen, wonach eine Renovierungspflicht je nach Grad der Abnutzung frühestens nach drei, in der Regel aber spätestens nach sieben Jahren fällig wurde. Diese Fristen waren eigentlich noch nicht verstrichen. Nach Angaben des Vermieters war die Wohnung durch das Rauchen aber so stark abgewohnt, dass ein Komplettanstrich fällig war. Zumindest wollte er einen Quotenabschlag. Der Mieter berief sich darauf, dass beim Einzug ebenfalls nicht alles renoviert war.

Auch hier wurde der Fall zurückverwiesen, um die Frage der Anfangsrenovierung noch einmal zu klären. Solche Fälle könnten jetzt öfter zu Beweisschwierigkeiten führen. Mieter und Vermieter brauchen im Zweifel Zeugen, Bilder oder ein von beiden Seiten unterschriebenes Übergabeprotokoll. War anfangs die Wohnung nicht oder nur unwesentlich hergerichtet, ist der Raucher von Renovierungspflichten befreit.

Auch einen Quotenabschlag kann es hier nicht mehr geben. Denn auch der wurde mangels realistischer Berechnungsmöglichkeit jetzt gekippt. Eine Renovierungspflicht des Mieters besteht hier also nur dann, wenn eine Anfangsrenovierung vorlag und jetzt eine kompletter Neuanstrich wegen der Nikotinschäden fällig ist.

Im dritten Fall ging es um eine Wohnung in Berlin. Hier war im Mietvertrag vereinbart, dass Wände nach fixen Zeitabläufen gestrichen werden müssen, Türen, Fenster und Heizkörper dagegen zeitlich flexibel nach Notwendigkeit. Diese Mischung ist komplett unwirksam, weil eine starre Frist sowieso ungültig ist. Das erstreckt sich dann auch auf den Teil mit flexiblen Fristen.

Quote nicht realistisch

Millionen von Mietverträgen wurden nach dieser seit 2007 geltenden Rechtsprechung abgeschlossen. Sie enthielten sogenannte flexible Fristen. In der Regel war ein kompletter Neuanstrich nach etwa sieben Jahren fällig. War die Wohnung nur leicht abgewohnt – entweder weil der Mieter schonend mit ihr umging oder nur kurz darin wohnte - musste der Mieter einen prozentualen Anteil für die Renovierungskosten zahlen.

Jetzt stellte der BGH fest, dass diese Quote nicht realistisch errechnet werden kann. Denn es sei „fiktiv“, nach welcher Zeit ein Mieter seine Wohnung so abgewohnt habe, dass eine Totalrenovierung anstehe. Entsprechend könne der prozentuale Anteil nach einem Teilzeitraum nicht errechnet werden. Folglich sei die Klausel für den Mieter intransparent, denn er wisse nicht, womit er zu rechnen habe. Wenn Teile einer Schönheitsreparaturklausel ungültig sind, ist aber die gesamte Klausel infiziert. Rechtlich gilt dieser Teil des Mietvertrags als nichtig. Dann tritt wieder das Gesetz in Kraft. Nach dem Gesetz ist aber der Vermieter für den Erhalt der Wohnung zuständig, er muss also die Renovierung bezahlen.

Der BGH erklärte jetzt die Schönheitsreparaturklauseln in allen drei Fällen für unwirksam. Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes, begrüßte das Urteil. Es handele sich um ein wegweisendes Urteil, von dem unzählige Mieter betroffen seien, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

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