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Wirtschaft: Ende der Schonzeit für die großen Unternehmen

Viele Firmen zahlen keine Gewerbesteuer, weil sie Verluste machen. Manche bekommen bisher Geld vom Staat zurück

Berlin (anw/chh/msh). Die deutschen Großkonzerne halten sich beim Thema Gewerbesteuer auffallend zurück. Nur vier von 30 DaxUnternehmen machten bei einer Umfrage des Tagesspiegels konkrete Angaben zur Gewerbesteuer. Zu groß scheint die Angst vor einem Imageschaden zu sein, wenn bekannt wird, dass die Unternehmen ihre Städte und Gemeinden finanziell im Stich lassen. Die Bewertung der Beschlüsse der Bundesregierung fiel unterschiedlich aus: Während die Banken froh sind, dass die Besteuerung von Zinsen vom Tisch ist, fürchten andere, dass ihnen das Stopfen von Steuerschlupflöchern Nachteile bringen könnte.

Finanzminister Hans Eichel sagte, die großen Unternehmen sollten es in Zukunft schwerer haben, die Gewerbesteuer zu umgehen. Kritisiert wird vor allem die Möglichkeit, Verluste mit Gewinnen zu verrechnen. Auf diese Weise konnten die Autobauer BMW und Daimler-Chrysler die Gewinne ihrer Hauptmarken mit den Verlusten bei den Tochtergesellschaften Rover und Chrysler verrechnen. Der Chipproduzent Infineon schiebt einen Verlustvortrag von 1,7 Milliarden Euro vor sich her. Eine Änderung der Verrechnungsmöglichkeiten würde Infineon „hart treffen“, heißt es aus dem Konzern.

Konkret geplant ist von der Bundesregierung, dass sich Kapitalgesellschaften die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe anrechnen lassen können. Bisher konnten die Unternehmen damit die Bemessungsgrundlage für die Einkommen- und Körperschaftsteuer senken. Wenn sie denn Gewerbesteuer zahlten. Die Deutsche Telekom bekam im vergangenen Jahr jede Menge Steuern zurück. 2,48 Milliarden Euro für den Konzern und 847 Millionen Euro für die AG, die rechtlich selbstständig ist. Der Grund: Veränderte Abschreibungsmöglichkeiten für Mobilfunklizenzen in den USA und ein Urteil des Bundesfinanzhofes. Die Richter verfügten, dass die Telekom von 1995 einen Firmenwert in der Bilanz ansetzen kann, was ihr die Steuergutschrift für die AG einbrachte.

Siemens zahlte nach Angaben eines Sprechers 2002 rund 50 Millionen Euro Gewerbesteuer, der Finanzdienstleister MLP 4,1 Millionen Euro und der Pharmakonzern Altana fast 71 Millionen Euro. Die Deutsche Bank nennt zwar keine Summe, begrüßt aber die Pläne: „Bei uns herrscht großes Aufatmen, weil die Zins-Besteuerung vom Tisch ist“, sagte ein Sprecher. Es sei positiv zu bewerten, dass nur Gewinne besteuert werden sollen. Auch die Hypo-Vereinsbank sieht den Steuerbeschluss gelassen – allerdings aus anderen Gründen. „Wir hatten im vergangenen Jahr einen Verlust von 850 Millionen Euro, uns betrifft die Entscheidung deshalb vorerst nicht.“ Zumindest am Firmensitz München habe das Unternehmen im vergangenen Jahr keine Gewerbesteuer gezahlt. Das Gleiche gilt für die Commerzbank. „Wegen unserer Verluste haben wir am Hauptsitz in Frankfurt 2002 keine Gewerbesteuer bezahlt“, sagt Stefan Roberg von der Commerzbank.

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