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Wirtschaft: Ende mit Schrecken – Schrecken ohne Ende

Es ist das radikalste aller denkbaren Szenarien: Griechenland scheitert bei der Sanierung seiner Finanzen und versinkt in der Pleite. Der Regierung geht dann binnen weniger Wochen das Geld aus.

Es ist das radikalste aller denkbaren Szenarien: Griechenland scheitert bei der Sanierung seiner Finanzen und versinkt in der Pleite. Der Regierung geht dann binnen weniger Wochen das Geld aus. Soldaten, Polizisten, Lokführer, Verwaltungsbeamte, niemand bekommt mehr seinen Lohn ausbezahlt. Es kommt also nicht nur zu einem Chaos auf den Finanzmärkten, sondern vermutlich auch zu Spannungen innerhalb des Landes. Frische Euros drucken dürfen die Griechen nicht, mit Tauschhandel müssen sie versuchen, sich die Dinge des täglichen Bedarfs zu besorgen. Am Ende steht die Rückkehr zur eigenen Währung, der Drachme – immerhin war sie schon zwischen 1831 und 2001 Zahlungsmittel. Griechische Politiker reden nicht nur hinter vorgehaltener Hand darüber: „Entweder einigen wir uns mit unseren Gläubigern auf ein Programm, das große Opfer verlangt“, schrieb die griechische EU-Kommissarin Maria Damanaki kürzlich auf ihrer Homepage, „oder wir kehren zur Drachme zurück.“

Abgesehen davon, dass diese Variante ein politisches Desaster und ein schwerer Rückschlag für die europäische Einigung wäre: In den EU-Verträgen ist sie überhaupt nicht vorgesehen. Der einzige Vorteil wäre, dass Athen auf einen Schlag alle seine Verbindlichkeiten los wäre. Sie zurückzuzahlen, wäre ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit – denn die Drachme würde vermutlich im Augenblick ihrer Einführung im Vergleich zum Euro radikal an Wert verlieren. Damit würden die Schulden Griechenlands im Wert noch einmal steigen.

Doch damit nicht genug: Die Banken des Landes wären urplötzlich von der Finanzierung abgeschnitten. Zugleich würden die Griechen an den Schaltern Schlange stehen, um ihre Einlagen in Sicherheit zu bringen – das brächte die Institute zusätzlich in eine Schieflage. Vermutlich werden die Kunden eine Währungsreform ohnehin ahnen und schon vorher ihr Geld retten – dieser Prozess ist ja seit Wochen längst im Gang.

Für den Rest Europas, womöglich sogar der Welt, wäre ein Zusammenbruch der griechischen Banken ein Desaster. Staaten, Banken und Versicherungen müssten Milliarden abschreiben, womöglich würden viele erneut zum Sanierungsfall – zuvorderst Portugal, Irland, Spanien und Italien. Eine erneute Finanzkrise wiederum würde die Hoffnung der griechischen Wirtschaft zunichte machen, mit einer weichen Drachme in der Welt wieder wettbewerbsfähig zu werden. Gibt es niemanden, der sie finanziert, können die Firmen auch nicht expandieren. Carsten Brönstrup

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